Streit wegen CryEngine-Lizenz: Crytek verklagt Star-Citizen-Macher

Die deutschen Entwickler von Crytek verklagen die Macher des Weltraumepos Star Citizen. Diese sollen wissentlich den Lizenzvertrag für die CryEngine verletzt haben. Stimmt das Gericht den Deutschen zu, steht das gesamte Crowdfunding-Projekt auf der Kippe.

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Streit über CryEngine-Lizenz: Crytek verklagt Star-Citizen-Macher

Aktueller Star-Citizen-Splash-Screen mit Amazon-Lumberyard-Logo

(Bild: Fabian A. Scherschel / heise online)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel
Inhaltsverzeichnis

Der deutsche Videospiele-Entwickler Crytek verklagt die Macher der Weltraumsimulation Star Citizen (Cloud Imperium Games, Roberts Space Industries) wegen Star Citizens Nutzung der von Crytek entwickelten CryEngine. In der Klage, die vor einem Bundesgericht in Kalifornien anhängig ist, behauptet Crytek, die Star-Citizen-Entwickler hätten ihr Copyright verletzt und mehrere grundlegende Vertragsbestandteile wissentlich missachtet. Sie wollen Strafzahlungen durch CIG und RSI und eine einstweilige Verfügung erreichen. Kommt das Gericht dieser nach, dürften die Star-Citizen-Macher die CryEngine nicht mehr verwenden.

Vor der äußerst erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne zu Star Citizen hatten sich die Entwickler unter Leitung von Firmenchef Chris Roberts und Rechtsbeistand Ortwin Freyermuth mit Crytek darauf geeinigt, die CryEngine für die Entwicklung des Spiels zu lizenzieren, schildert Crytek. Die deutschen Spielentwickler produzierten daraufhin mehrere Render-Videos, um die Star-Citizen-Crowdfunding-Kampagne zu bewerben. Crytek gibt in der Klageschrift an, so ausschlaggebend am Crowdfunding-Rekord von Star Citizen auf Kickstarter beteiligt gewesen zu sein. Später habe man dann eine Lizenzvereinbarung unterzeichnet, die Cloud Imperium Games in mehreren Punkten wissentlich gebrochen habe.

Laut Crytek haben Cloud Imperium Games und Roberts Space Industries diesen Vertrag missachtet, indem sie das Star-Citizen-Projekt in zwei Spiele aufgeteilt haben: Das MMO Star Citizen und die Single-Player-Kampagne Squadron 42. Diese Spiele hätten sie demnach nicht getrennt vermarkten und verkaufen dürfen. Ob das gemeinsame Sammeln von Spenden, wie es RSI für Star Citizen und Squadron 42 betreibt, in diesem Zusammenhang rechtlich relevant ist, wird wohl das Gericht entscheiden müssen.

Des weiteren wirft Crytek Roberts und Konsorten vor, ab mindestens September 2016 ihr Spiel nicht mehr mit dem CryEngine-Logo beworben zu haben. Ab Mitte 2016 hatte CIG davon Abstand genommen, in Entwicklungsberichten zum Spiel von der CryEngine zu sprechen. Die Entwickler ließen damals verlauten, sie hätten die Engine so sehr optimiert, dass jetzt von einer eigenen Engine gesprochen werden könnte. Der Name "StarEngine" stand zeitweilig im Raum. Anfang 2017 gab Chris Roberts dann bekannt, das Spiel sei zur Lumberyard-Engine von Amazon gewechselt. Momentan prangt auf dem Star-Citizen-Splash-Screen das Lumberyard-Logo.

Lumberyard ist eine Engine von Amazon, die auf dem Gerüst der CryEngine basiert. Berichten zufolge können Spiele-Entwickler sie viel preisgünstiger lizenzieren, verpflichten sich aber, die Amazon Web Services (AWS) zu verwenden, die integral in die Engine eingebettet sind. Laut Crytek haben CIG und RSI allerdings in ihrer Lizenzvereinbarung versichert, für das Star-Citizen-Projekt exklusiv die CryEngine einzusetzen – und Crytek so Tantiemen am Verkauf des Spiels zuzusichern. Demnach hätten die Entwickler gar nicht von der CryEngine wechseln dürfen.

Laut der Klageschrift haben die Star-Citizen-Entwickler Crytek versprochen, Bugfixes, die sie an der Engine vornehmen, mit Crytek zu teilen. Das sei nie passiert, erklärte die deutsche Firma. Die Star-Citizen-Macher unterhalten ein Büro in Frankfurt unweit vom Crytek-Hauptsitz. Eigentlich dürfte es also an Kommunikationsmöglichkeiten nicht gemangelt haben.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Gerüchte unter deutschen Szene-Insidern, dass CIG beziehungsweise RSI Engine-Programmierer von Crytek in Frankfurt abgeworben habe. Vor allem in Zeiten, als es um Crytek wirtschaftlich eher schlecht bestellt war. In diesem Zusammenhang ist es besonders pikant, dass Crytek in der Klageschrift behauptet, CIG-Mitbegründer und -Chefanwalt Freyermuth habe früher Crytek bei Lizenzverhandlungen vertreten. Freyermuth hätte dann aber auf der CIG-Seite die Lizenzverhandlungen über die CryEngine geführt. Der Verhandlungspartner für Crytek, Carl Jones, arbeitet heute ebenfalls für Cloud Imperium Games.

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Auch Piraten müssen manchmal schnell von A nach B kommen – und etwas Luxus hat man sich sicher auch verdient: jetzt spielbar mit dem Schiff Origins M50. (Bild: Cloud Imperium Games)

In der Klage wirft Crytek mindestens Freyermuth vor, vertrauliche Informationen über die Geschäftspraktiken der deutschen Firma gehabt zu haben. Das habe CIG bei den Verhandlungen einen "unfairen Vorteil" verschafft.