Menschwerdung einer Marke

Klassiker: Saab 900 Cabrio

Die Geschichte vom Untergang Saabs gibt es in unterschiedlichen Längen und Varianten. Sie soll hier nicht mehr erzählt werden. An dieser Stelle betrachten wir nicht, was wir verloren haben, sondern feiern, was wir einmal hatten. Es folgt eine Festrede auf das Saab 900 Cabrio

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Saab 900 Cabrio 18 Bilder
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn
Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte vom Untergang Saabs gibt es in unterschiedlichen Längen und Varianten. Sie soll hier nicht mehr erzählt werden. Es geht darin stets um General Motors und die Trauer um den Saab 900 Turbo. Dazwischen ein paar Worte des Bedauerns und Wirtschaftsplattitüden von Leuten, die immer erst hinterher schlauer sind, gefolgt von irgendwelchen Reminiszenzen an die schwedische Kultur. An dieser Stelle betrachten wir deswegen nicht, was wir verloren haben, sondern feiern, was wir einmal hatten. Und das waren weder Saab 92 noch Saab 96 oder der Saab 900 Turbo. Nein, es folgt eine Festrede auf das Saab 900 Cabrio.

Schlaue Burschen

Es waren die Intellektuellen, die Saab nach vorne brachten. Schlaue Menschen, die sich für eine Karriere als Architekt oder Professor, Chefredakteur oder Wissenschaftler entschieden hatten. Sie erhoben die Schrulligkeiten der Marke zu technischen Raffinessen und wer hätte es schon gewagt, ihnen zu widersprechen? Niemand. Und wer hätte das gewollt? Ein jeder für sich ein feiner Mensch und schlauer Bursche von der Art, mit denen man nicht streiten möchte. Wenn nicht gleich wohlhabende, so doch gut situierte Personen, bescheiden bis zur Selbstaufgabe. Sonst wären sie im Porsche gesessen. Oder im BMW.

Und damit begann das Dilemma. Denn bei aller Bescheidenheit: gesehen werden wollten sie ja doch. Aber in einem Saab wird der Fahrer nicht gesehen. Zum einen, weil alle nur das Auto sehen, zum anderen, weil die hohe Gürtellinie des Fahrzeugs die Fensterfläche minimiert. Das war eine der besagten technischen Raffinessen. Also musste es runter, das Dach.

Der Anfang

Aber von vorn. Die Menschwerdung der Marke Saab begann mit dem Saab 99. Es war das letzte Auto an dessen Design Sixten Sason, der Künstler hinter Hasselblad, mitwirken sollte. Der Wagen kam 1968 auf den Markt und es folgten im Jahresrhythmus Verbesserungen, Innovationen und Modellpflegen. Eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage beispielsweise oder eine Sitzheizung und natürlich prügelte Stig Blomqvist den Wagen über den Fluss und durch die Wälder.

Die Baureihe wurde dann um das Combi-Coupé erweitert, womit die Grundlinie gezeichnet war, mit der aus dem 99 der Saab 900 erwachsen sollte. Eine Metamorphose, mit der sich die Marke allerdings Zeit ließ. Es kann dies als skandinavischer Trotz verstanden werden. Schon als der Saab 96 eingestellt wurde, war dessen theoretischer Nachfolger, der Saab 99, bereits seit zwölf Jahren auf dem Markt. Als die Produktion des Saab 99 wiederum im Jahr 1984 ein Ende gefunden hatte, war der Saab 900 bereits sechs Jahre alt. Vielleicht lag es ja an dieser Sturheit, die Dinge einfach weiterlaufen zu lassen, dass Saab die einzige Marke war, die Neuwagen mit einer Aura gut gepflegter Oldtimer anbot. Anachronistisch, aber schick, edel und überlegen.