Schulkinder-Tracking: Stadt Wolfsburg legt "Schutzranzen" auf Eis

In Wolfsburg sollten Grundschüler via GPS jederzeit geortet werden können. Das Projekt wurde nun zumindest vorerst gestoppt.

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Schulkinder-Tracking: Stadt Wolfsburg legt "Schutzranzen" auf Eis

(Bild: schutzranzen.com)

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Die Stadt Wolfsburg hat vorerst Abstand davon genommen, an zwei Grundschulen das Projekt "Schutzranzen" laufen zu lassen. Dabei hätten die Kinder Schultaschen bekommen, die mit einem GPS-Tracker zur Positionsbestimmung versehen sind. Dagegen regte sich Kritik, nachdem die Aktivisten von Digitalcourage auf Probleme mit dem Datenschutz und dem Schutz der Privatsphäre hingewiesen hatten.

Ein Sprecher der Stadt Wolfsburg sagte laut einem Bericht des NDR, es gebe noch "Klärungs- und Kommunikationsbedarf". Deshalb sollten alle Beteiligten das Projekt erst einmal aussetzen.

Der "Schutzranzen", der Grundschulkinder überwachen und Autofahrer via Smartphone-App darauf hinweisen soll, dass ABC-Schützen in der Nähe sind, wird konzipiert und umgesetzt von VW, einem Münchener Volvo-Händler, dem Sportausrüster Uvex, dem Automobilclub von Deutschland sowie der Firma Coodriver, die für den Vertrieb zuständig ist.

Kerstin Demuth von Digitalcourage kritisierte, es sei "schamlos, Grundschulkinder zu überwachen und es als Sicherheitmaßnahme zu verkaufen". Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel und ihr Kollege Stefan Brink aus Baden-Württemberg hatten gegenüber heise online betont, dass das Projekt mit all seinen Funktionen "gesellschaftspolitisch kritisch zu hinterfragen" sei. Kinder würden so bereits frühzeitig damit konfrontiert, jederzeit überwacht und getrackt zu werden. Laut NDR knöpft sich Thiel nun das Projekt vor.

Der Deutschen Kinderhilfe erscheint es rätselhaft, "warum Kinder ohne jeden konkreten Anlass von ihren Eltern geortet werden sollen". In Notfällen könne die Polizei das Mobiltelefon, über das auch schon Grundschüler verfügen, jederzeit orten lassen. "Eltern, die so etwas gut finden, sollten einmal darüber nachdenken, ob sie es auch gut fänden, wenn sie von ihrem Ehepartner oder ihrem Arbeitgeber jederzeit geortet werden könnten, um ihre Position zu bestimmen", teilte die Kinderhilfe mit.

Update 26.1.2018, 9.12 Uhr: Ursprünglich war in dieser Meldung vermerkt, dass die Firma Scout an dem Projekt beteiligt ist. Nach Informationen von Digitalcourage ist sie zum Ende August 2017 ausgestiegen. (anw)