Kommentar: Kryptische Street Photography und Bilder ohne Kamera – der Fotografie-Monatsrückblick

Einmal im Monat lässt unser Autor Andreas Kesberger die Foto-Nachrichten der vergangenen Wochen Revue passieren. Dieses Mal: Kodaks Kryptowährungs-Ambitionen und die CES in Las Vegas.

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Kommentar: Kryptische Street Photography und Bilder ohne Kamera – der Fotografie-Monatsrücklick

Damit fotografieren kann man nicht. Aber die kameralose Fotografie hat doch auch mit der kissenförmigen Verzeichnung zu kämpfen.

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Kesberger

Was schon wieder vorbei? Diese Kolumne soll ja ein Monatsrückblick sein. Und wann fällt das schon schwerer als im Januar, wenn man gerade noch so auf Ausblick gepolt war. Aber da zum schönen Ausblick hier auch der Schnee fehlt, gucken wir halt mal zurück in die Zukunft. Die früher auch schon mal besser war.

Ein Kommentar von Andreas Kesberger

Andreas Kesberger ist Fotoingenieur, Autor und Geschäftsführer der Fotopioniere in Berlin. Da er sich seit seinem Studium intensiv mit fotografischen Haltbarkeitsfragen beschäftigt, dreht sich diese Kolumne allmonatlich um das, was vom aktuellen Fotomonat haltbar oder einfach nur übrig bleibt.

Wie sie jetzt wird, hat uns die CES in Las Vegas erklärt, aber ob Kameras wirklich auf eine „Konsumenten-Elektronik-Messe“ gehören, sei mal dahingestellt. Tolle Vorstellung, dass Ernst Leitz zu Oskar Barnack sagt, er solle sich mal auf so ein Verbraucher-Elektro-Ding begeben. Aber auch bei Leica hat man rechtzeitig gemerkt, dass das grundsätzlich eine gute Idee mit dem Strom ist.

Das musste ich jetzt aber selbst erst googeln, ob sie wirklich da waren. Waren sie: "Celebrate CES with Huawai Mobile and Leica on January 10th in an exciting photowalk with notable photographer Sam Horine." Wow. Da kann man sich dann aussuchen, ob man mit dem Handy oder einer Kamera fotografiert. So kommt's dann, wenn man Barnack nicht mehr schicken kann. Aber vielleicht hätte er ja Spaß gehabt an 'ner App um sein Asthma zu überwachen. Mein Highlight des Monats ist übrigens eine Frage bei der Anmeldung zum Photowalk auf der amerikanischen Leica-Seite: Welches Produkt würden Sie denn dabei gerne verwenden? Antwort 1: Das neue Huawei P-Dingsda und Antwortmöglichkeit 2: „Leica Camera and/or Lens“. Sie haben es wirklich geschafft bei Leica, man kann jetzt mit einer Kamera oder einem Objektiv fotografieren. Und welches oder welche? Ach egal.

Was das mit Fotografie zu tun hat? Wir wissen es nicht, aber die Chinesen bestimmt. Street Photography Made in China.

(Bild: Andreas Kesbgerger)

Fear and Loathing in Las Vegas. Kameraloses Fotografieren wird dann wohl das ganz neue heiße Ding – gleich nach dem fahrerlos fahrenden Auto. Wer nächstes Jahr immer noch ohne Smartphone Street Photography macht, der wird dann vielleicht die ersten Autos fotografieren, die einfach zurück fotografieren und uns gleich ins Netz stellen. Aber vielleicht habe ich den deutschen – das war akzentmäßig nicht zu überhören – Chef einer neuen chinesischen Automarke auf der CES auch nur falsch verstanden. Von wegen Vernetzung und so. Wenn eh alles zusammenwächst, dann könnte die Antenne ja auch als Selfiestick dienen. Umgekehrt wäre vielleicht besser – und die erste sinnvolle Verwendung dafür. Obwohl die Antwort auf „Was machen Sie denn da?“ mit „Ich verbessere meinen Telefon-Empfang“ schon reichlich seltsam klingt, wenn man gerade so ein Ding ins Kreuz gekriegt hat.

Aber solange man mit der Sony Alpha 17 Mark 27 noch nicht Auto fahren kann, wird man mit seinem Telefon auch noch telefonieren dürfen. Dazu passt dann auch, dass die einzig relevante Kameraneuvorstellung diesen Monat ganz doll Video kann, aber es mit den Fotos eigentlich gar nicht so hat. Kurz geschrieben: Schuster bleib bei Deinen Leisten. Das hat man sich auch bei Kodak gedacht und eine eigene Krypto-Währung angekündigt. Was mich an eine alte taz-Kolumne zum Platzen der ersten Dot-Com-Blase Anfang des Jahrtausends erinnert. Der Autor hatte einen Schulfreund aus der Finanzmarkt- und Computerbranche nach der besten Aktienanlage am neuen Markt gefragt und natürlich danach viel Geld verloren. Und der Tippgeber? Der hatte alle Schäfchen im Trocknen: „Als ausgerechnet Du angerufen hast, da wusste ich, es ist Zeit auszusteigen.“ So kann man aus Kolumnen auch was lernen.

Als die letzten Kodak-Produkte aus Berlin kamen, sah die grafische Umsetzung noch etwas anders aus.

(Bild: Andreas Kesberger)

Ich hab' Bitcoin immer noch nicht ganz verstanden, eher noch viel weniger. Aber ich weiß, wenn Kodak jetzt in Krypto macht und dazu Rechner verleiht, dann wird es Zeit, woanders zu investieren. Eigentlich soll es da ja eh' mehr um Bildrechte gehen. Aber da sind erstens andere auch wieder schneller – wie so oft bei der Verbindung von "Kodak" und "digital" – und zweitens kommt das Knowhow auch noch ausgerechnet nach Berlin. Aber mit der alten Kodak-Filmfabrik in Köpenick hat es ja nur in soweit ein gutes Ende genommen als dass man da heute schön wohnen kann an der Spree. Wenn jetzt noch einer mit nem AgfaCoin kommt ...

Wobei das vielleicht ein großes Ablenkungsmanöver ist, damit sich niemand dran erinnert, wie toll letztes Jahr auf der Messe alle die neue Super-8-Kamera von Kodak fanden. Nur dass die weit davon ist, fertig zu werden. Was zum Glück wieder verhindert, dass jemand merkt, dass der neue alte Kodak Diafilm auch noch nicht wieder bereit liegt. Für Foto nicht, für Schmalfilm sowieso nicht. Wahrscheinlich wurde die Rezeptur vom Firmenrechner gelöscht, als die Krypto-Power anderweitig gebraucht wurde. Beginnt sehr kryptisch dieses 2018. Aber hey, der Kodak T-Max 100 Rollfilm ist nach über einem Jahr wieder lieferbar und filmen kann ja die neue Panasonic. Alles wird gut. Und jetzt fängt es draußen auch noch an zu schneien. (msi)