Sensor gegen Schlaganfall

Mit relativ geringem Aufwand lässt sich heutzutage über längere Zeiträume der Herzrhythmus überwachen. Dies kann wichtige Hinweise auf einen möglicherweise drohenden Schlaganfall liefern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Wer sich nicht sicher ist, ob sein Herz immer so schlägt, wie es sollte, findet im Internet eine ganze Reihe von Apps und Geräten, mit denen sich der Herzrhythmus erfassen und aufzeichnen lässt – Unregelmäßigkeiten können hier ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall bedeuten. Die App Preventicus Heartbeats etwa misst den Herzschlag allein mit Hilfe der in Smartphones eingebauten Kamera, eignet sich allerdings nur für Aufzeichnungen von bis zu fünf Minuten.

Bald dürfte ein weiteres Angebot dieser Art auf den Markt kommen, das zudem erstmal von einem großen Pharmaunternehmen vermarktet wird: der von dem dänischen Start-up Cortrium entwickelte C3 Holter Monitor, der neben Software zur Auswertung auch eigene Sensor-Hardware mitbringt. Im vergangenen Oktober gaben Pfizer Deutschland und Cortrium eine Vertriebspartnerschaft für das Produkt bekannt, die Vermarktung soll nach der Zertifizierung als Medizinprodukt beginnen, die für dieses Frühjahr erwartet wird.

Mehr Infos

Um eine Messung zu beginnen, wird der schlichte runde Sensor mit drei Klebe-Pads auf der Brust eines Patienten befestigt. Anschließend genügt ein Knopfdruck, und das Gerät beginnt mit der Aufzeichnung eines Langzeit-Elektrokardiogramms (EKG). Die gesammelten Daten werden auf einer eingebauten SD-Karte gespeichert und können per Bluetooth an andere Geräte übertragen werden. Ebenfalls vorgesehen sind Messungen von Atemfrequenz sowie Körpertemperatur und -bewegungen, zunächst wurde die Zulassung laut Cortrium aber nur für EKGs beantragt.

Ärzte können darin anschließend wichtige Hinweise auf einen drohenden Schlaganfall – in Deutschland die dritthäufigste Todesursache – erkennen: Dem geht oft ein so genanntes Vorhofflimmern voraus, eine Herzrhythmusstörung, die zur Entstehung von Blutgerinnseln führen kann; wenn sich die Gerinnsel lösen, können sie ins Gehirn geraten und dort Blutgefäße verschließen, so dass es zu einem Schlaganfall kommt. Zwei von dreien dieser Fälle lassen sich nach Angaben des Isar Herz Zentrums aber vermeiden, wenn mit gerinnungshemmenden Medikamenten gegengesteuert wird.

Genau an diesem Punkt setzen die Anbieter von mobilen EKGs wie Cortrium an: Ihre Technik erlaubt eine relativ zuverlässige und unaufwendige Kontrolle der Herzaktivität, so dass sie für eine große Personengruppe vorgenommen werden kann. Wenn entsprechende Alarmsignale entdeckt werden, können eingehendere klinische Untersuchungen folgen und Ärzte die nötigen Gegenmaßnahmen ergreifen. „Die Diagnostik wird für die Patienten bequemer und auch schneller möglich sein“, erklärte Peter Albiez, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pfizer Deutschland, bei der Ankündigung der Kooperation mit Cortium.

Anders als verschiedene bisherige Apps und Zusatzgeräte werden Patienten den C3-Monitor allerdings nicht selbst kaufen können. Stattdessen sollen 20 Mitarbeiter des Pfizer-Außendienstes Mediziner auf das Angebot von Cortrium ansprechen und sie zum Kauf bewegen. Anschließend kann der Arzt das Gerät nacheinander bei verschiedenen Patienten einsetzen und sich das nach dem üblichen Satz für eine EKG-Messung vergüten lassen.

Genaue Angaben über die Funktionsweise seines Geräts macht Cortrium nicht. Es verfüge „über Sensoren, die Atemfrequenz, Körperoberflächentemperatur, Beschleunigung (Accelerometer) und die Temperatur des Gerätes selbst messen können“, heißt es dazu nur; unregelmäßiger Herzschlag werde "durch signalverarbeitende Methoden“ festgestellt. Derzeit läuft eine klinische Studie, die bis Ende April belegen soll, dass C3 wie vorgesehen funktioniert und die Daten zuverlässig sind.

Die inzwischen ausgeweitete Zusammenarbeit zwischen Pfizer und Cortrium begann schon im Januar 2016. Unter anderem nutzt das Start-up Räume in der Pfizer-Deutschlandzentrale in Berlin und lässt sich von Pfizer-Mitarbeitern bei der Vorbereitung des Markteintritts beraten. Zuvor hatte Cortrium ab 2014 mit Grants4Apps, einem von Bayer HealthCare betriebenen Akzelerator für den Bereich mobile Gesundheit, zusammengearbeitet und im November 2015 eine Finanzierung in Höhe von 1,5 Millionen Euro durch die Gesellschaft Myant Capital Partners bekanntgegeben.

(sma)