Deutschland wegen schlechter Luft am Pranger der EU

Die Autolawine sorgt in vielen deutschen Städten für viel zu schlechte Luft. Die EU-Kommission will dies nicht länger hinnehmen und lädt zum Krisengespräch nach Brüssel. Das sei die letzte Chance, warnt die Brüsseler Behörde.

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Luftverschmutzung, Ruhrgebiet

(Bild: Foto-RaBe, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

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Von
  • dpa

Die Grünen fordern ein striktes Vorgehen der EU-Kommission gegen Deutschland und andere Länder, die europäische Grenzwerte für saubere Luft verletzen. "Die Europäische Kommission darf bei diesem wichtigen Thema nicht einknicken", erklärte die Europapolitikerin Rebecca Harms vor einem Krisentreffen am Dienstag in Brüssel.

Dort soll Umweltministerin Barbara Hendricks der EU-Kommission erläutern, wie die EU-Standards für Stickoxid künftig in deutschen Städten eingehalten werden sollen. Umweltkommissar Karmenu Vella hat insgesamt neun Länder vorgeladen, die die Vorgaben seit Jahren brechen. Das sei die letzte Chance, erklärte Vella vorab. Präsentieren die Länder keine Lösung, droht ihnen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Als wichtige Ursache für die gesundheitsschädlichen Luftschadstoffe gelten Dieselfahrzeuge. Die Bundesregierung versucht, das Problem ohne Fahrverbote zu lösen, bekam es aber über Jahre hinweg nicht in den Griff. Das Thema beschäftigt auch in Deutschland inzwischen zahlreiche Gerichte. Am 22. Februar verhandelt das Bundesverwaltungsgericht, ob Fahrverbote zulässig sind.

Luftverschmutzung wird unter anderem für Atemwegs- und Kreislauferkrankungen verantwortlich gemacht. Nach Angaben von Umweltkommissar Vella sterben jährlich mehr als 400.000 Europäer vorzeitig wegen zu schlechter Luftqualität. Hier müsse die EU-Kommission einschreiten. Neben Hendricks hat er Minister aus Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, Rumänien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei einbestellt.

Hendricks hielt sich vor dem Brüsseler Treffen bedeckt. Ein Sprecher sagte am Montag nur, die SPD-Politikerin werde auf das im November beschlossene Förderprogramm "Saubere Luft" für Projekte in den Städten eingehen und die Ergebnisse des nationalen Dieselforums vom August darstellen. Ob das der Kommission ausreicht, ist fraglich.

Umweltverbände halten die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung für ungenügend. Wie die Grünen drängen auch die Verbände VCD, BUND, DUH und NABU die Kommission, den Druck auf die Bundesregierung aufrecht zu erhalten.

Der Deutsche Städtetag forderte die Automobil-Industrie zu rascherem Handeln auf. "Die drohende EU-Klage gegen Deutschland zeigt den Ernst der Lage. Die Stickoxid-Emissionen müssen so schnell wie möglich sinken", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er forderte die Konzerne auf, Diesel-Fahrzeuge sauberer zu machen und endlich darzulegen, was die Software-Updates in der Praxis tatsächlich bewirkten. Im Stadtverkehr verursachten Diesel-Pkw bis zu drei Viertel der Stickoxid-Emissionen, unterstrich der Hauptgeschäftsführer des Städtetags. (jk)