Straßen statt Wohnungen

Im Wettbewerb um die bescheuertste Idee, die Luft in den Städten zu verbessern, hat Essen nun den Vogel abgeschossen.

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Die Stadt will eine ganze Häuserzeile entlang der Gladbecker Straße (B224) in Altenessen abreißen, um die Abgaswolke besser zu durchlüften. „Der Abriss würde zwar weder den Verkehrsfluss auf der Gladbecker Straße erhöhen, noch dafür sorgen, dass die Lärmbelastung sinkt“, schreibt die WAZ. „Der Straßenraum würde jedoch besser durchlüftet, die Schadstoffwerte am Messcontainer des Landesumweltamtes dürften sinken.“

An die Stelle der Häuser soll was genau kommen? Eine Grünfläche, ein paar Bäumchen, vielleicht sogar eine Mooswand? Von wegen: Noch mehr Asphalt. „Der Straßenraum soll verbreitert werden“, so die WAZ. „Sogar ein sechsspuriger Ausbau scheint zumindest für die Mehrheit im Rat eine denkbare Option.“ Das muss man erst mal sacken lassen.

Manchmal wünsche ich mir, Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ flächendeckend mit dem Flugzeug über Deutschland abzuwerfen. Wer einmal damit imprägniert ist, entdeckt fortan überall klassische watzlawicksche Denkfehler. In diesem Fall das Prinzip „Mehr desselben“: Wir haben nun also seit gut siebzig Jahren diese Republik flächendeckend zubetoniert. („Im Süden die Berge, im Norden das Meer, dazwischen: Teer“, wie es Marc-Uwe Kling auf den Punkt bringt.)

Der Erfolg: Unwirtliche Städte, Flächenverbrauch, schlecht Luft, Lärm, und immer noch, genau: Stau. Wenn also der jahrzehntelange massive Straßenbau nichts gegen die Verkehrsprobleme gebracht hat, welche Idee poppt dann zuerst in den Hirnen durchschnittlicher deutscher Provinzpolitiker auf? Eben: Noch mehr Straßen.

(grh)