Urheberrecht: Große Koalition will keine Upload-Filter, aber ein EU-Leistungsschutzrecht

Schwarz-Rot verstrickt sich im Koalitionsvertrag beim Copyright in Widersprüche. Plattformen sollen hochgeladene Inhalte im Kampf gegen Urheberrechtsverstöße zwar nicht scannen müssen, doch Haftungsprivilegien für Provider stehen in Frage.

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Urheberrecht: Große Koalition will keine Upload-Filter, aber ein EU-Leistungsschutzrecht

(Bild: Simon/MurlocCra4ler)

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Mit dem am Mittwoch festgezurrten Koalitionsvertrag hat die geplante schwarz-rote Bundesregierung auch ihren Kurs zur umstrittenen EU-Copyright-Reform in groben Zügen festgelegt. Die von der EU-Kommission geforderte Pflicht zum Einsatz von Upload-Filtern auf Online-Plattformen im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen lehnen CDU/CSU und SPD demnach "als unverhältnismäßig" ab. Andererseits ist sich die große Koalition aber einig, dass sie "die Stellung von Rechteinhabern gegenüber Internetprovidern verbessern" will, "die sich an der öffentlichen Zugänglichmachung von Werken beteiligen".

"Wir wollen digitale Plattformen und Intermediäre an der Refinanzierung der kulturellen und medialen Inhalteproduktion angemessen beteiligen", heißt es auf den 177 Seiten. Weiter ist nachzulesen: "Mit Blick auf die kulturellen und medialen Herausforderungen unserer Zeit brauchen wir ein starkes Urheberrecht zum Schutz des geistigen Eigentums, das bestehende Rechtspositionen im digitalen Umfeld besser schützt."

Zugleich hat sich das alt-neue Bündnis ins Aufgabenheft geschrieben, "das System der Vergütung für gesetzlich erlaubte Nutzungen auf eine neue Grundlage" zu stellen. Dabei sollen "moderne Nutzungsformen einbezogen werden" und die an Urheber sowie Leistungsschutzberechtigte zu zahlenden angemessenen Tantiemen "effizient, berechenbar und zeitnah bestimmt" werden. Was das genau für Pauschalabgaben heißt, die derzeit etwa für Privatkopien fällig werden, bleibt offen. Angestrebt werden aber offenbar individuellere Abrechnungsformen, obwohl vielfach der Ruf nach einer allgemeinen "Internetvergütung" erklingt.

Verleger sollen zudem auf europäischer Ebene "eine eigene Rechtsposition" erhalten, spricht sich die Koalition prinzipiell für den Vorschlag der Kommission für ein 20-jähriges, umfassendes Leistungsschutzrecht im Internet aus. Dabei ist das hiesige schwarz-gelbe Gesetz für ein solches Recht mit einer deutlich kürzeren Schutzfrist von einem Jahr und eingeschränkter Reichweite vor Gericht nach wie vor heftig umkämpft.

Die Widersprüche rund ums Urheberrecht setzen sich fort. Am Grundsatz der bewährten abgestuften Haftungsprivilegierung für Provider wollen die Partner so zwar festhalten, gleichzeitig aber prüfen, ob diese im Rahmen der Reform der E-Commerce-Richtlinie weiterentwickelt werden müsse. Bisher sind Diensteanbieter nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich, wenn sie diese nur durchleiten oder automatisch und zeitlich begrenzt in einem Cache zwischenspeichern. Host-Provider haften nur, wenn sie auf rechtswidrige Inhalte hingewiesen werden. Eine allgemeine Überwachungspflicht besteht nicht.

Parallel macht sich Schwarz-Rot aber dafür stark, "die Rahmenbedingungen für kreatives Schaffen, Verwerten und Nutzen" zu verbessern und "die Verantwortlichkeit der Plattformen verbindlich" zu beschreiben. Der Verband der Internetwirtschaft eco warnt angesichts des urheberrechtlichen Schlingerkurses davor, dass gerade für kleine und mittlere Online-Firmen sowie Startups "ein immenser Nachteil" zu entstehen drohe. Der "internationale Rückstand der europäischen Wirtschaft" werde damit weiter erhöht.

Die Koalition verspricht ferner, eine "nationale Open-Access-Strategie" für kostenfreie Forschungstexte zu entwickeln. Sie sichert zu: "Wir werden offene Kanäle für wissenschaftliche Kommunikation und Publikation fördern und Empfänger von Fördermitteln im Rahmen der Projektförderung des Bundes daher regelhaft verpflichten, ihre Publikationen mittels offener Lizenzen frei verfügbar zu machen." Das Bundesforschungsministerium soll die entstehenden Zusatzkosten im Rahmen der Projektförderung "in einem angemessenen Umfang" übernehmen.

Schon 2013 hatte Schwarz-Rot im damaligen Koalitionspapier zugesichert, eine "umfassende" Open-Access-Politik betreiben zu wollen. In der vergangenen Legislaturperiode wurde daraus aber nichts. (mho)