Zahlen, bitte! 1474560 Bytes zum Speichern
Diesmal dreht sich das "Zahlen, bitte!" um einen handlichen Datenträger, der jahrelang - und in Nordkorea offenbar bis heute - das wichtigste Speichermedium war: Die 3,5"-Diskette.
Fake-News allerorten. Es ist an der Zeit, sich einmal über Fake-Zahlen zu unterhalten. Gerade in der IT sind sie weit verbreitet und hip, mit feschen Angaben wie der von einer Gigacloud irgendwo da draußen. Das schönste Beispiel dieser Schwindeleien war wohl die Software Softram 95, die den Arbeitsspeicher verdoppeln sollte.
Auch bei der Hardware gibt es größere und kleinere Schwindeleien aller Art. Heute am Start: die 1.44 MB Floppy-Disk im 3,5"-Format mit 1440 × 1024 = 1.474.560 Bytes in 18 Sektoren. Vielen Lesern dürfte sie nur noch als quadratisches Täfelchen erinnerbar sein, mit dem der Nordkoreaner Kim Jong Un der Welt drohte, weil auf ihr angeblich die Freischaltcodes seiner Raketen gespeichert waren. Schon das quadratische Symbol, auf das man zum Abspeichern in vielen Software-Programmen klicken kann, ist weit entfernt von der Floppy mit dem Schiebeschlitz, die 1981 von Sony vorgestellt wurde. Angepriesen wurde die Standard-Floppy mit 1,44 MB Kapazität, nicht mit 1,47, weil man mit dem "Mega" von 1000 multiplizierte.
Zum Einstieg in die Zahl der handlichen 3,5"-Floppy sei gesagt, dass sie den Marketiers ausnehmend gut gefiel, so als 12 × 12 geschriebenes Zeichen der göttlichen Vollendung. Die Techniker lachten sich ins Fäustchen, denn ihnen war klar, dass die Fähigkeiten des Lese- und Schreibsystems einer Diskette vom Speichermaterial und der Umdrehungsgeschwindigkeit abhängen.
Üblicherweise laufen Diskettenlaufwerke mit einer festen Umdrehungszahl, was bedeutet, dass die Länge der innersten Spur die nutzbare Kapazität bestimmt. Somit speicherten die ersten 3,5''-Disketten 360 KBytes (DSSD – Double Sided Single Density), dann 720 KBytes (DSDD – Double Sided Double Density) und schließlich 1440 KBytes bei der High-Density-Diskette auf der inneren Spur. Da die äußeren Spuren länger sein können, wurde hier Speicherplatz verschenkt. Für Apples Rechner lieferte Sony deshalb Laufwerke, die mit variabler Geschwindigkeit liefen und statt 720 KByte eine Kapazität von 800 KByte erreichten.
Von MByte und Mebibyte
Wurden die 1.44 MByte der DSHD-Diskette zum Standard, war damit die Speichertechnik noch nicht ausgereizt. So erschienen bald recht teure 2.88 MB DSED-Disketten (Extra Density) auf dem Markt. Durch Koppelung der magnetischen Lese/Schreib-Technik mit der Abtastung durch einen LED-gesteuerten Servomotor entstand die Floptical, die mit der Kapazität von 25 MByte beworben wurde und 20.385 KByte speichern konnte. Das entsprechende Laufwerk der Firma Insite Peripherals war abwärtskompatibel, konnte also die herkömmlichen 3,5''-Disketten lesen.
Mit der Kombination der Magnettechnik und der optischen Lasertechnik ging es noch weiter. Hier entwickelte die Firma Imation die SuperDisk mit 120 MByte, später 240 MByte Kapazität. Wie aufmerksame Leser bemerkt haben werden, verwendet der Artikel die Zahlen, wie sie auch im Markt verwendet wurden. Denn die korrekten Angaben entstanden später quasi rückwirkend, als im Jahre 1998 die International Electrical Comission (IEC) mit dem Mebibyte und dem Kibibyte korrekte Bezeichnungen definierte und das recht humorig so erklärte: "Once upon a time, computer professionals noticed that 210 was very nearly equal to 1000 and started using the SI prefix "kilo" to mean 1024. That worked well enough for a decade or two because everybody who talked kilobytes knew that the term implied 1024 bytes. But, almost overnight a much more numerous "everybody" bought computers, and the trade computer professionals needed to talk to physicists and engineers and even to ordinary people, most of whom know that a kilometer is 1000 meters and a kilogram is 1000 grams."
Floppy-Sterben
Das Aussterben der Disketten besorgten übrigens die damaligen konkurrierenden Highend-Betriebssysteme. Windows NT 3.1 kam auf 22 HD-Disketten, OS/2 Warp auf 25 (wer das Bonus Pack installierte, kämpfte mit 39 Disketten). War eine Diskette nicht lesbar, scheiterte die Installation und die Suche im Verlag begann ... (vza)