Bundesregierung: Hackerangriff auf Regierungsnetz "isoliert und unter Kontrolle"

Wie lange haben ausländische Hacker im besonders gesicherten Netzwerk des Bundes spioniert? Und welche Informationen haben sie abgefischt? Der Angriff ist möglichweise Teil eines organisierten Spionageangriffs auf EU-Staaten.

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Cyberangriffe
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  • dpa

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben den Hackerangriff auf das Datennetzwerk des Bundes nach Darstellung der Bundesregierung inzwischen unter Kontrolle. Das Innenministerium bestätigte Informationen der Deutschen Presse-Agentur, wonach die Informationstechnik und Netze des Bundes angegriffen wurden. "Innerhalb der Bundesverwaltung wurde der Angriff isoliert und unter Kontrolle gebracht", erklärte das Ministerium. An diesem Donnerstag befasst sich der Bundestag mit dem Fall, der Digitalausschuss kommt zu einer Sondersitzung zusammen.

Ausländische Hacker waren nach Informationen von dpa in das bislang als sicher geltende Datennetzwerk des Bundes und der Sicherheitsbehörden eingedrungen. Spione der russischen Gruppe APT28 hätten erfolgreich das deutsche Außen- und das Verteidigungsministerium angegriffen, hieß es in Sicherheitskreisen. Es sei Schadsoftware eingeschleust worden, die Angreifer hätten auch Daten erbeutet. Die Attacke sei von deutschen Sicherheitsbehörden im Dezember erkannt worden. Der Angriff sei da schon über eine längere Zeit gelaufen, womöglich ein ganzes Jahr.

"Bundeshack": Hackerangriff auf deutsche Regierungsnetze

Der Hackerangriff könnte Teil eines noch weitaus größeren organisierten Spionageangriffs auf EU-Staaten sein. Das berichtete die Welt unter Berufung auf den Sicherheitsexperten Benjamin Read von der US-Sicherheitsfirma FireEye. "Wir beobachten seit einigen Monaten, dass APT28 gezielt Außen- und Verteidigungsministerien in der Europäischen Union angreift und versucht, sich Zugang zu geschützten Systemen zu verschaffen", erklärte Read. "Diese Erkenntnis haben wir aus sogenannten Spearphishing-Mails gewonnen, die unsere Sicherheitssysteme in den vergangenen Monaten bei diversen EU-Regierungen entdeckt haben."

Hinter APT28 werden nach bisherigen Erkenntnissen russische Regierungsstellen vermutet. Der Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015 geht nach Erkenntnissen von Ermittlern ebenfalls auf das Konto dieser Gruppe. Damals waren verdächtige Aktivitäten im Computernetz des Parlaments aufgefallen. Die Angreifer konnten sich so weitreichenden Zugang verschaffen, dass die Bundestags-IT ausgetauscht werden musste.

Nach Angaben des Innenministeriums untersuchen derzeit das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und die Nachrichtendienste den neuen Angriff. Die Verantwortlichen in den betroffenen Behörden seien informiert sowie Maßnahmen zur Aufklärung und zum Schutz getroffen worden. "An dem Vorfall wird mit hoher Priorität und erheblichen Ressourcen gearbeitet", versicherte Ministeriumssprecher Johannes Dimroth. Angriffe auf Stellen außerhalb der Bundesverwaltung seien derzeit nicht bekannt.

Der Ausschuss Digitale Agenda des Bundestages beschloss einstimmig, für den heutigen Donnerstag eine Sondersitzung einzuberufen. Es sei ein Unding, dass die Abgeordneten über die Vorkommnisse aus den Medien erfahren müssten, erklärte der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin. "Wir erwarten, dass die Vertreter des Bundesinnenministeriums, des Auswärtiges Amtes, des Verteidigungsministeriums und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Rede und Antwort stehen."

Die Linken-Netzexpertin Anke Domscheit-Berg hat eine ausgebliebene Unterrichtung des Bundestages angeprangert. Sie habe von der Attacke aus der Presse erfahren, dies sei eigentlich schon der erste Skandal, sagte die Obfrau der Linken-Fraktion im Ausschuss Digitale Agenda des Bundestages im ZDF-Morgenmagazin. Dass man dies selbst als fachlich zuständige Abgeordnete aus der Presse lesen müsse, "das ist schon wirklich skandalös". Angesprochen auf eine mögliche Urheberschaft einer russischen Gruppe sagte Domscheit-Berg: "Es gibt Indizien, die darauf hinzeigen, aber wir wissen es wirklich nicht."

Am heutigen Donnerstag will sich neben dem Ausschuss Digitale Agenda auch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKGr), das die Geheimdienste kontrolliert, mit dem Angriff befassen. (jk)