Mit Offshore-Schiffen gegen Plastikmüll

In Erdölländern liegen viele Fahrzeuge zur Versorgung von Ölplattformen still. Die könnten nun helfen, Kunststoffabfall aus dem Meer zu holen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Auch wenn es in Deutschland nur wenige Menschen wahrgenommen haben dürften – in den vergangenen Jahren gab es in den Petroleum-produzierenden Ländern eine veritable Ölkrise. Firmen aus der Industrie schrieben Verluste oder zumindest erheblich dezimierte Gewinne, die Zulieferbranche litt teils stark und es kam zu Massenentlassungen auch hochausgebildeter Fachleute und Experten.

Der Grund war ein im Vergleich zum Sommer 2014 nahezu halbierter Rohölpreis, der insbesondere in Hochlohnländern dazu führte, dass sich die Förderung kaum oder erst nach massiven Effizienzsteigerungen (wieder) lohnte. Das Resultat: Zahllose hochmoderne Schiffe, die eigentlich zur Erkundung, Errichtung und Versorgung neuer Öl- und Gasfelder vorgesehen waren, liegen auch heute noch still – eine Flotte, die zu großen Teilen keine zehn Jahre alt ist.

Mehr Infos

In Norwegen, dem in Europa wohl am stärksten von der Ölkrise betroffenen Land, soll es mindestens 130 Offshore-Schiffe geben, die aktuell nicht gebraucht werden oder sich nicht profitabel von ihren Eignern einsetzen lassen. Sie sind "i opplag", eingemottet liegen sie in Häfen und an Industriekaianlagen.

Aus Politik und Start-ups kommen nun kreative Vorschläge, was mit den Fahrzeugen zu tun wäre. So meint etwa die Abgeordnete Else-May Botten von der Arbeiterpartei, vergleichbar mit der SPD in Deutschland, es sei sinnvoll, die Schiffe zur Bekämpfung des gigantischen Kunststoffmüllproblems in den Weltmeeren zu nutzen. "Ich und meine Partei glauben, dass es möglich wäre, die Offshore-Schiffe einzusetzen. Wenn es uns gelingt, einen Markt zu schaffen, der dafür bezahlt, können wir das Plastik einsammeln und aus dem Recycling eine Wertschöpfungskette etablieren", sagte sie dem norwegischen Sender "NRK".

Subventionen hält Botten für denkbar. Die EU und sogar die UN sollten helfen – zusammen mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Andere Parteien im norwegischen Parlament sind ebenfalls dafür. Tag für Tag landeten acht bis neun Tonnen neuer Plastikmüll im Meer, so der Abgeordnete der sozialistischen Linkspartei, Lars Haltbrekken, der früher dem norwegischen Naturfreundeverband vorstand. "Den müssen wir aufräumen." Die Ironie der Sache: Die meisten Plastikteile, die die Meere verschmutzen, sind Petroleumprodukte, womit sich der Kreis quasi schließen würde.

Eine junge Firma, die das Müllsammeln mit Offshore-Schiffen in der Praxis testen möchte, ist das Start-up Clean Coast AS. Es arbeitet mit der Offshore-Firma Havila, Umweltorganisationen sowie örtlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen an der Westküste Norwegens zusammen. Sogenannte Platform Supply Vessels (PSVs), Schiffe, die eigentlich der Versorgung von Ölplattformen dienen, werden aktuell für die Plastikaufnahme umgerüstet.

Neben den PSVs könnte auch anderes modernes Ger#t eingesetzt werden. Bei Clean Coast erwägt man, Drohnen zu verwenden, um den Plastikmüll überhaupt erst einmal zu kartografieren. Je schneller das biologisch nicht abbaubare Material aus dem Ozean herausgenommen werden kann, desto besser. Verwandelt es sich erst einmal in Mikroplastik, wird es von Fischen gefressen und landet letztlich auch in der menschlichen Nahrungskette.

(bsc)