Gutenberg.org: Aussperrung Deutschlands keine Rache, sondern Vorsichtsmaßnahme

Ein deutsches Gericht hat entschieden, dass das Project Gutenberg mit 18 Werken gegen deutsches Urheberrecht verstößt. Statt die zu blockieren, sperrte das Portal alle deutschen Nutzer aus – als Vorsichtsmaßnahme.

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Gutenberg.org: Aussperrung Deutschlands keine Rache sondern Vorsichtsmaßnahme

(Bild: janeb13)

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Das US-Portal Gutenberg.org hat alle Nutzer mit einer deutschen (IPv4-)Adresse ausgesperrt, weil die Verantwortlichen ähnliche Klagen wie die erfolgreiche befürchten. Im Februar hatte das Landgericht Frankfurt am Main (AZ: 2-03 O 494/14) geurteilt, dass die Plattform die Rechte des S. Fischer Verlags verletzt, indem sie insgesamt 18 Werke von Heinrich Mann, Thomas Mann und Alfred Döblin als E-Book verfügbar gemacht hatte. Die für das Portal zuständige Project Gutenberg Literary Archive Foundation hat nun erklärt, dass man mit dem Urteil zwar nicht übereinstimme, aber davon ausgehe, dass ähnliche Klagen wegen anderer Titel folgen könnten. Davor war unklar, warum alle deutschen Nutzer per Geoblocking von der gesamten Seite ausgesperrt wurden und nicht nur von den beanstandeten Titeln.

Das Project Gutenberg ist eine 1971 begonnene digitale Bibliothek, auf der Freiwillige bereits mehr als 56.000 E-Books zusammengetragen haben. Darunter sind auch die 18 beanstandeten Titel, deren Übersetzungen in den USA vor 1923 veröffentlicht wurden und dort nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Die deutschen Originale sind aber hierzulande weiterhin geschützt, da das Urheberrecht erst 70 Jahre nach dem Tod der Autoren ausläuft. Gegen den Anspruch des S. Fischer Verlags, der zur Holtzbrinck Publishing Group gehört, hatten die Verantwortlichen des Portals vorgebracht, dass die Angelegenheit gar nicht unter deutsches Recht fällt, da ihre Seite in den USA gehostet wird und keine Niederlassung in Deutschland betreibt. Der Verlag hatte darauf verwiesen, dass es eine deutschsprachige Übersetzung der US-Seite gibt.

Die Blockade deutscher Nutzer soll nur temporär bleiben, versichern die Verantwortlichen, die in Berufung gehen wollen. Die Organisation werde nur von Freiwilligen getragen und habe keinerlei Einnahmen abgesehen von Spenden, solche Auseinandersetzungen aber teuer. Die vollständige Aussperrung aller deutschen Nutzer scheine am geeignetsten, um künftigen rechtlichen Maßnahmen zuvorzukommen, immerhin gebe es auf Gutenberg.org Tausende Titel, deren Veröffentlichung in ähnlicher Weise angegangen werden könnte. Derzeit scheint die Seite aber noch Probleme mit der Blockade zu haben, da sie einerseits bei IPv6-Adressen nicht zu greifen scheint, aber andererseits wohl auch Nutzer trifft, die nicht in Deutschland ins Netz gehen. (mho)