For the Riders

Fahrbericht KTM 790 Duke

Nicht einstellbares Fahrwerk, Maxxis-Bereifung, keine Brembos: KTMs 790 Duke ließ die Interessenten im Vorfeld zweifeln. Bei der Probefahrt zeigte sich: Diese Entscheidungen klingen komisch, funktionieren aber sehr gut

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KTM 790 Duke 34 Bilder
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Richtig gute Werbe-Claims sind selten. Einer meiner All Time Favorites ist Sonys "This is for the Players": ein Claim, der die Zielgruppe so klar absteckt, dass er das Produkt damit bewirbt. KTMs "Ready to Race" dagegen war mir immer schon zu schwammig. Man kann ja (den Willen vorausgesetzt) alles racen, was sich bewegt, zum Beispiel Bürostühle. Der neuen 790 Duke steht es natürlich auch wieder im Prospekt. Es könnte aber auch "For the Riders" draufstehen, denn der neue Roadster wurde im Kostendruck so konsequent auf den Fahrer entwickelt, dass es am Ende den Verkaufszahlen schaden könnte.

Wer? Was?

KTMs Motorräder kosten seit ich sie kenne etwas mehr. Das fiel kaum auf, als selbst ihre Einzylinder ohnehin nur im Premium-Bereich verkauft wurden: Eine Duke 3 kostete 2008 schon als Standardversion 9000 Euro – viel Geld für einen eigenwilligen Einzylinder. Es fiel aber auf, als mit der Duke 4 der Massenmarkt angepeilt wurde. Um ihre Preisziele zu erreichen (immerhin auf 7500 Euro kamen sie herunter), mussten ein paar rabiate Cuts gemacht werden. Das Fahrwerk war gleichzeitig zu weich in der Dämpfung und zu trampelig-hart beim Ansprechen, und die Bremse auf den bewusst sanft gewählten Serienbelägen wurde auf manchen Rennstrecken zu heiß.

Jetzt hatte KTM wieder die Aufgabe, Geld zu sparen, damit die 790 Duke, die zwischen Einzylinder und Superduke das Roadster-Segment bedienen soll, sich auch verkauft. Aber diesmal haben sie es so hingekriegt, dass man im Sattel zufrieden sein kann. Vor dem Bildschirm jedoch schaut es ein bisschen schwierig aus: Maxxis-Tourensport-Reifen, Bremsen von J.Juan (ich könnte genauso gut: "Noname" schreiben, weil den Hersteller kaum jemand kennt), nicht einstellbares Fahrwerk. Hm. "Ist das deren Ernst?", meldeten sich die Fans, die sich vom knackigen Prototypen hatten scharfmachen lassen.

Es ist ernst.

Kaufmännisch ist die Entscheidung schwer nachzuvollziehen. Bei der preislich viel niedriger angesiedelten KTM RC 390 hat KTM für die Europa-Chargen extra teure Metzeler-Sportreifen statt den indischen Originalgummis montiert, denn "anders brauchen wir gar ned antreten". Beim wichtigsten Motorrad der letzten Jahre dagegen passiert das Gegenteil. Alle angetreteten Journalisten waren skeptisch, manche gar ängstlich, die Fuhre auf der kleinen Rennstrecke in den Kies zu werfen, mit Arschbombe in die Merkellego-Betonbegrenzer. Doch der Taiwan-Reifen überzeugte den ganzen Tag lang mit so vielen positiven Eigenschaften, dass ich ihn die größte positive Überraschung am Motorrad nennen muss.