Web-Erfinder fordert Regulierung gegen Machtkonzentration im Web

Die enorme Machtkonzentration bei einigen wenigen Unternehmen habe es ermöglicht, das Internet als Waffe einzusetzen, meint Tim Berners-Lee.

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Web-Erfinder fordert Regulierung gegen Machtkonzentration im Web

Tim Berners-Lee

(Bild: dpa / Martial Trezzini, Archiv)

Lesezeit: 2 Min.

Tim Berners-Lee, Erfinder des World Wide Web, hat sich für eine Beschränkung von großen Online-Konzernen wie Facebook eingesetzt. Die enorme Machtkonzentration bei einigen wenigen Unternehmen habe es ermöglicht, das Internet als Waffe einzusetzen, schrieb der britische Wissenschaftler am Dienstag in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. "In jüngster Zeit erleben wir, wie Verschwörungstheorien die sozialen Medien beherrschen, Fake-Benutzer auf Twitter und Facebook gesellschaftliche Spannungen anheizen, sich externe Akteure in Wahlen einmischen und Kriminelle persönliche Daten stehlen."

Bislang habe die Öffentlichkeit erwartet, dass die Plattformen selbst Lösungen für diese Probleme anbieten, betonte Berners-Lee. Dabei räumte er ein, dass die Konzerne durchaus Anstrengungen unternähmen, um solche Lösungen zu finden. Jede Veränderung betreffe Millionen von Menschen. "Die Verantwortung für diese Entscheidungen – und damit auch die Bürde – liegt jedoch bei Unternehmen, die sich eher um Gewinnmaximierung denn um den sozialen Nutzen kümmern. Ein rechtlicher oder regulatorischer Rahmen, der bestimmte gesellschaftliche Zielsetzungen berücksichtigt, könnte dazu beitragen, diese Spannungen zu entschärfen."

Berners-Lee, der vor 29 Jahren mit einem Thesenpapier am europäischen Forschungszentrum CERN die Entwicklung des WWW eingeleitet hatte, beklagte in dem Gastbeitrag eine "digitale Kluft". "Die Kluft, die zwischen Menschen mit Internetanschluss und Menschen ohne Internetanschluss besteht, vertieft bestehende Ungleichheiten – Ungleichheiten, die eine ernstzunehmende globale Bedrohung darstellen."

Es überrasche kaum, dass bei Frauen, die arm sind und in ländlichen Gebieten oder in einkommensschwachen Ländern leben, die Wahrscheinlichkeit am größten sei, dass sie keinen Zugang zum Internet hätten. "Wer heute offline ist, dem bleiben viele Lern- und Verdienstmöglichkeiten, der Zugang zu wichtigen Dienstleistungen und die Teilhabe an der demokratischen Debatte verwehrt", konstatierte Berners-Lee. Wenn nicht ernsthaft in die Schließung dieser Kluft investiert werde, würden bis zum Jahr 2042 eine Milliarde Menschen ohne Internetanschluss bleiben. "Das Ergebnis wäre eine abgehängte Generation." (anw)