Künstliche Intelligenz: EU-Kommission plant umfassende europäische Initiative

Die EU-Kommission will eine "On-demand"-Plattform und ein Observatorium für Künstliche Intelligenz errichten, um "den Zugang zu den jüngsten Algorithmen" zu erleichtern. Auch soll eine Ethik-Charta kommen.

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Künstliche Intelligenz: EU-Kommission plant umfassende europäische Initiative

(Bild: EU-Parlament)

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Nachdem sich die USA und China schon seit Längerem einen Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) liefern und milliardenschwere Förderprogramme aufgelegt haben, soll auch Europa nicht länger zurückstehen. Die EU-Kommission plant daher eine "umfassende europäische Initiative für KI", wie aus einem ins Internet entfleuchten Entwurf für eine Mitteilung hervorgeht. Das in Brüssel bereits kursierende Papier mit Stand von Ende Februar soll im April offiziell veröffentlicht werden, wobei noch Aktualisierungen möglich sind.

Mit der Initiative will die Kommission die Wettbewerbskraft der EU im KI-Sektor stärken, ein stabiles und klares rechtliches Rahmenwerk schaffen sowie auf "Bedenken der Bürger über sozial-ökonomische Auswirkungen" eingehen. Die technischen und industriellen KI-Fähigkeiten sollen gestärkt, innovative Geschäftsmodelle und neue Arbeitsplätze gefördert werden. Es müsse sichergestellt werden, dass Fragen der Haftung, Sicherheit, Transparenz und des Zugangs zu Daten angemessen angegangen würden.

Konkret bringt die Kommission eine "KI on demand"-Plattform ins Spiel, um der Wirtschaft sowie vor allem kleinen und mittleren Unternehmen "auf Abruf" einen einfachen Zugang zu KI-Ressourcen in Europa über einen zentralen Anlaufpunkt zu verschaffen. Dazu gehören Fachwissen, Datenarchive, Rechenvermögen inklusive Cloud Computing und Hochleistungscomputer sowie andere Werkzeuge und Algorithmen. Ziel sei es, Firmen einen maßgeschneiderten Einsatz von KI in Prozesse, Produkte und Dienste zu ermöglichen. 50 Millionen Euro sollen in dieses Teilprojekt fließen.

Damit ausreichend Trainingsdaten fürs Maschinenlernen verfügbar sind, kündigt die Kommission, die Informationsschätze der öffentlichen Verwaltung weiter öffnen und den Open-Data-Ansatz ausbauen zu wollen. Verteilt über Europa sollen "KI-Exzellenz-Zentren" und "digitale Innovationshubs" für insgesamt 350 Millionen Euro entstehen. Als Ergänzung sieht die Initiative industrielle Plattformen vor, die hochqualitative Datensets verfügbar machen. Programme für Forschung und Entwicklung in KI-Technik sollen jährlich mit rund 200 Millionen Euro gefördert, neue Schwerpunkte noch im auslaufenden Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 gebildet und finanziell unterstützt werden.

Generell betrachtet die Kommission Künstliche Intelligenz als chancenreiche Technik, um gesellschaftliche Herausforderungen von einer nachhaltigen Gesundheitsvorsorge, über Klimawandel und Cybersicherheit bis hin zur Integration von Menschen mit Behinderungen oder Flüchtlingen zu bewältigen. Es gebe aber auch große Risiken etwa im Hinblick auf Sicherheit und Haftung, Datenschutz, Diskriminierung sowie den Einfluss auf die öffentliche Meinung und das demokratische Engagement. So könnten KI-getriebene "Fake News", Video- oder Tonaufnahmen und Social Bots etwa Wahlverfahren dramatisch in eine Schieflage bringen.

Um solche Bedenken zu adressieren, kündigt die Kommission eine "Charta für KI-Ethik" an, die ab Anfang 2019 entwickelt werden solle. In einer breiten Debatte sollen alle relevanten Interessenträger eingeschlossen werden. Standards aus dem bestehenden Sicherheits- und Haftungsrahmen wie der Maschinenrichtlinie oder der Direktive für Funkausrüstung sollen erweitert und auf KI-getriebene Geräte sowie das Internet der Dinge angepasst werden. Für 2018 und 2019 ist ein Pilotprojekt vorgesehen, um die Bevölkerung auf die Chancen und Gefahren rund um automatisierte Entscheidungsfindungen aufmerksam zu machen.

Bis Ende 2018 soll eine hochrangige Expertengruppe zudem den Einfluss von KI und Robotern auf den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung untersuchen sowie Empfehlungen abliefern. Zusätzlich will die Kommission bis Juni eine Studie in Gang setzen, um die Fähigkeiten und Lehrpläne besser verständlich zu machen, die für die Arbeit mit KI nötig sind. Dazu kommen sollen ein Strategiepapier zur Zukunft der Beschäftigung im öffentlichen Dienstleistungsbereich sowie eine Reform der Empfehlungen für Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen.

Auf staatlicher Seite will die Kommission ein "KI-Observatorium" errichten, um "systematisch den Fortschritt" der Fähigkeiten lernender Systeme zu beobachten. Die Instanz soll auch messen, wie sich KI-Anwendungen in der Wirtschaft durchsetzen und wie sie sich auf die Grundrechte, gesellschaftlichen Werte und den demokratischen Prozess auswirken. (anw)