Porno- und Hassfilter: Microsoft verbannt "anstößige Sprache" aus Online-Diensten

Die neuen Dienstleistungsbedingungen von Microsoft für Services wie Skype, Xbox Live, Bing, Cortana oder Cloud-Angebote untersagen beleidigende Äußerungen. Auch Pornos und explizite Gewaltdarstellungen sind künftig tabu.

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Microsoft setzt bei seinem «Creators Update» für Windows 10 auf Transparenz und den Schutz der Privatsphäre.

(Bild: dpa, Matthias Balk)

Lesezeit: 3 Min.

Microsoft will seine Online-Dienste stärker jugendfrei machen und "anstößige" Inhalte daraus verbannen. Anfang Mai werden neue Nutzungsbedingungen in Kraft treten, die neben "kriminellen Aktivitäten" unter anderem drastische Gewaltdarstellungen und beleidigende Äußerungen wie Hass oder Hetze untersagen. Die Dienste des Konzerns dürfen demnach auch nicht mehr genutzt werden, um andere "unangemessene Inhalte" wie Nacktbilder oder Pornografie mit Dritten zu teilen. Betroffen sind Angebote wie Skype, Xbox Live, Bing, Cortana, Outlook oder die Cloud-Dienste Office 365 und OneDrive.

Um Verstöße gegen die deutlich verschärften Bedingungen zu ahnden, behält sich Microsoft das Recht vor, "deine Inhalte zu überprüfen" und Nutzerkonten gegebenenfalls zu kündigen, heißt es weiter. Praktisch dürfte diese Bestimmung auf einen umfassenden Einsatz automatischer Porno- und Hassfilter hinauslaufen, da die Redmonder andernfalls die Einhaltung der Vorgaben kaum kontrollieren könnten. Veröffentlicht hat der Softwarekonzern die Änderungen bereits Anfang des Monats. Sie sind aber erst jetzt dem US-Bürgerrechtler Jonathan Corbett aufgefallen. Dieser fragt sich, ob er künftig etwa noch erotische Videoanrufe per Skype mit seiner Freundin tätigen oder ein Dokument mit rüden Ausdrücken wie "Fuck" in seinen OneDrive-Speicher einstellen darf.

Theoretisch müsste laut den Bedingungen auch das Spielen von Shooter-Games wie "Call of Duty" via Xbox Live untersagt sein, spinnt Corbett den Faden weiter. Animierte Gewaltszenen könnten schließlich kaum "expliziter" ausfallen als in diesem von Microsoft akzeptierten Spiel. Dem Aktivisten stößt auch übel auf, dass das Unternehmen nach eigener Darstellung ab Mai alle Skype-Telefonate anhören beziehungsweise anschauen kann, um Verletzungen der Bedingungen nachzugehen. Datenschützer hierzulande dürften in einer solch weit gestrickten Klausel einen Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis sehen, zumal Definitionen von Schlüsselbegriffen wie "anstößige Sprache" fehlen.

Andere Beobachter sehen in der Initiative eine präventive Reaktion auf den inzwischen erfolgten Beschluss eines Gesetzes mit dem Titel "Allow States and Victims to Fight Online Sex Trafficking Act of 2017" durch den US-Kongress, das aus den umstrittenen Initiativen SESTA und FOSTA hervorgegangen ist. Betreiber von Online-Plattformen sollen demnach strafrechtlich belangt werden, wenn ihre Seiten benutzt werden, um für Sex- und Menschenhandel zu werben. Google hat nach der Verabschiedung begonnen, zahlreiche "sexuell eindeutige" Inhalte aus dem Cloud-Speicher Drive zu entfernen, die Anzeigenseite Craigslist und das Forum Reddit haben einschlägige Sektionen ihrer Portale dichtgemacht. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) warnt seit Langem, dass SESTA und FOSTA die Meinungsfreiheit im Netz massiv gefährdeten. (axk)