Rechnen mit dem Radiator

Wenn Kryptomining schon ewig viel Strom verheizt, muss das doch zu irgendwas gut sein, meint ein französisches Start-up – und steckt den Rechner in einen Heizkörper.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Na das ist doch mal eine Sektorenkopplung, wie sie im Buche steht: Nicht zwischen Strom und Wärme, Strom und Verkehr oder Strom und Chemie, sondern zwischen Strom und – Geld! Das französische Unternehmen Qarnot hat einen Kryptomining-Server in Form eines Heizkörpers entwickelt. Er heizt das Heim, während er mit Hashwerten von Ethereum, Zcash oder Monero jongliert.

Das klingt doch genial: Endlich was Vernünftiges angestellt mit der ganzen Abwärme. Doch sorry, hier kommt die Spaßbremse: Die Kollegen von Heise Online haben durchgerechnet, dass man bei den deutschen Strompreisen und dem aktuellen Etherkurs ungefähr 22 Euro Miese im Monat machen würde. Darin sind die eingesparten Heizkosten zwar noch nicht enthalten, aber bei einer Leistungsaufnahme von maximal 650 Watt dürfte der Server nicht mehr Wärme liefern als ein Mini-Heizlüfter. Das reicht höchstens fürs Gästeklo.

Aber denken wir das ganze doch mal konsequent weiter: Wenn immer mehr Staaten dem Beispiel Chinas folgen und den riesigen Mining-Farmen einen Riegel vorschieben, dürfte sich die Schwierigkeit von Kryptomining reduzieren und es für Privatleute wieder attraktiver werden. Und wenn die sich nun rudelweise auf solche Heiz-Miner stürzen, ergäbe sich eine Verbindung von Witterung, Strommarkt und Kryptowährungen. Ist es draußen warm, würde die Rechenleistung regional sinken, weil niemand seine Bude zusätzlich aufheizen möchte. Kommt es in kalten Wintern dann zu einer Inflation der Rechenleistung? Müsste die Schwierigkeit des Minings direkt an das Thermometer gekoppelt werden? Oder an die Strompreise? Oder umgekehrt? Wann kommen die ersten Schlaumeier auf die Idee, ihre Swimming Pools mit den Rechnern zu heizen? Und was bedeutet das alles für den Fernwärmemarkt?

Wahrscheinlicher ist es wohl, dass sich kaum jemand so einen schicken Rechenradiator zulegen will, weil gerade beim Mining die Hardware notorisch schnell veraltet. Dabei ist die Verbindung von Rechenleistung und Wärme eine durchaus gute – wenn auch nicht neue – Idee: Schon 2013 stieg das Dresdner Start-up AoTerra mit der Idee ins Geschäft ein, leistungsfähige Server in privaten Wohnungen zu installieren, wo sich die Abwärme besser nutzen lässt. Das Prinzip hat sich allerdings nicht durchgesetzt. Das Problem sei gewesen, die Rechenleistung zu vermarkten, sagt Pressesprecherin Franziska Leitermann.

Das Start-up firmiert nun unter dem Namen Cloud & Heat und bietet vor allem Firmen Wärme und Rechenleistung aus einer Hand an. Eine immerhin dreistellige Zahl an Server betreibt es nach eigenen Angaben derzeit in Deutschland. Jetzt will es nach Japan expandieren. Kryptomining steht aber nicht auf dem Plan. „Wir konzentrieren uns auf sinnvollere Anwendungen wie Künstliche Intelligenz“, sagt Leitermann.

(grh)