Abschied vom Faustkeil

Unterschiedliche Materialien in einem Durchgang verarbeiten zu können – das war lange Zeit der Heilige Gral des 3D-Drucks. Nun zeigen die Ersten, wie es geht.

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Dutzende Kunststoffe und Metalllegierungen, Gummi, Glas, Keramik, lebende Zellen, Schokolade oder Pizzateig – die Liste der Materialien, die 3D-Drucker mittlerweile verarbeiten können, ist beeindruckend. Doch das reicht Konstrukteuren nicht: Viele Dinge lassen sich nur durch die richtige Kombination mehrerer Materialien herstellen. Flugzeugtragflächen etwa bestehen aus Carbonfasern und Kunstharz, die Spulen eines Elektromotors aus Eisenkern, Kupferdraht und Isolierung. Eine neue Generation von 3D-Druckern fertigt solche komplexen Bauteile mittlerweile in einem einzigen Arbeitsgang.

Einer der Vorreiter ist Markforged, ein Spin-off des Massachusetts Institute of Technology. Es hat sich auf faserverstärkte Kunststoffe spezialisiert. Die Königsklasse mit der höchsten Festigkeit bilden solche mit Endlosfasern. Doch diese sind naturgemäß schwierig zu handhaben. Markforged hat das Problem gelöst, indem es die Verstärkungsfasern von einer Rolle über eine eigene Düse ausbringt. Eine zweite Düse trägt geschmolzenen Kunststoff auf, der die Fasern einbettet. Auf diese Weise lassen sich die Fasern in beliebiger Richtung verlegen – etwa schraffiert, damit ein Bauteil in möglichst alle Richtungen gleich belastbar wird, oder genau den Lastpfaden folgend, sodass es in der beanspruchten Richtung besonders fest ist.

Diese hohe Kunst des Leichtbaus ist aber gar nicht das eigentliche Ziel vom Markforged. Es sieht seinen Markt vor allem bei den sogenannten „Betriebsmitteln“ von Fabriken – beispielsweise maßgefertigte Robotergreifer oder spezielle Montagehilfen. Werden Ersatzteile auf die übliche Weise gefräst oder von Hand gefertigt, gehen die Kosten schnell in den hohen dreistelligen Bereich und die Lieferzeit in die Tage. Mit Markforged hingegen lasse sich etwa ein Werkzeugwechsler für 78 statt für 991 Euro herstellen, sagt Joachim Kasemann von der Mark3D GmbH, einem Vertriebspartner von Markforged. Der Stundensatz für den Drucker betrage nur zwei Euro.

Nebenbei bricht das US-Start-up mit einer Art Dogma der Branche. Bisher betonten die Anbieter immer: Bauteile müssten speziell für den 3D-Druck konstruiert werden, um die Vorteile des Verfahrens wirklich ausnutzen zu können – etwa durch verschlungene bionische Geometrien.

Markforged hingegen will herkömmliche Bauteile eins zu eins durch 3D-gedruckte ersetzen. Dazu braucht es meist keine hochfesten Endlosfasern. Auch mit eingebetteten Kurzfasern seien seine preiswerten Kunststoffdrucke bereits fester als aufwendig gefertigte Aluminiumbauteile, sagt Markforged.

(grh)