Russland: Blockade von Telegram angeordnet, ICQ als Alternative

Nur wenige Tage nach einer Gerichtsentscheidung soll in Russland nun die landesweite Sperrung von Telegram durchgesetzt werden. Der Dienst ist in dem Land beliebt bis hinein in den Präsidentenpalast. Dort wurde nun ICQ als Alternative festgelegt.

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Russland: Blockade von Telegram angeordnet, ICQ als Alternative
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Russlands Medienaufsicht Roskomnadzor hat am Montag die landesweite Sperrung des beliebten Messengers Telegram angeordnet. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ein Statement der Behörde berichtet, wurde Providern eine entsprechende Verfügung zugesandt.

Zuvor hatte Telegram-Gründer Pawel Durow der Nachrichtenagentur Tass zufolge aber bereits angekündigt, dass der Messenger dank eingebauter Vorkehrungen die Blockade umgehen könne – eine hundertprozentige Funktionsfähigkeit sei aber nicht gesichert. Ein Sprecher von Russlands Präsident Wladimir Putin hat unterdessen Journalisten aufgefordert, für Kontakte zum Kreml nun auf ICQ zu wechseln.

Hintergrund der verfügten Blockade ist ein Streit um staatlichen Zugriff auf verschlüsselte Chats. Vergangene Woche hatte ein russisches Gericht die umgehende Sperre des Chatdienstes angeordnet, weil Telegram einer Aufforderung des Geheimdiensts FSB nicht nachgekommen war, Daten herauszugeben. Die Behörden vermuten, dass Terroristen den Dienst bei der Planung von Angriffen nutzen.

Der Messenger verschlüsselt Chatinhalte zwar standardmäßig, tut dies aber nicht Ende-zu-Ende. Abgesehen von den Ende-zu-Ende verschlüsselten "geheimen Chats" gäbe es also eine Möglichkeit, auf verschlüsselte Konversationen zuzugreifen. Diesen Zugriff hat Durows Unternehmen aber verweigert, vorgeblich weil das die Privatsphäre der Nutzer verletzen würde. Das Gerichtsurteil soll angefochten werden.

Telegram gehört weltweit zu den populärsten Messengern und hat vor allem in Russland viele Nutzer. Unter anderem kontaktierte der Kreml bislang Journalisten über einen eigens dafür eingerichteten Chatraum in Telegram. Angesichts der Sperre hatte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow bereits am Freitag angekündigt, dass eine Alternative gesucht würde.

Die wurde nun in Russland gefunden, berichtet Reuters. Demnach wurde in dem Messenger ICQ ein neuer Chatraum angelegt, in dem es Informationen für die Presse geben soll. Der Dienst gehört zu den Urgesteinen des Internets, war aber dann von Alternativen überholt worden. 2010 hatte AOL den Dienst nach Russland verkauft. (mho)