Hört nicht auf Elon Musk

Innovationen brauchen nicht nur Visionen, sondern auch Sorgfalt, Zweifel und Prüfung. Ein Kult um Heilsgestalten der Technik stört da bestenfalls.

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Von
  • Anton Weste

Menschen, die sich für Technik und Wissenschaft begeistern, gelten oft als rational veranlagt, wenig abergläubisch und tendenziell atheistisch. Dafür erinnert ihre Begeisterung für einzelne, sehr erfolgreiche Innovatoren oft erstaunlich an eine religiöse Heiligenverehrung.

Seit Steve Jobs' Tod muss hier vor allem Elon Musk herhalten. Aussagen des Herren über Tesla und Space X schaffen es mühelos zur Schlagzeile, so als wären Musks Worte Zauberei: Kaum ausgesprochen, muss man ihren Inhalt als Wirklichkeit annehmen. Schläft Elon Musk in der Fabrik seiner elektrischen Autos, klingt das, als erwarte man durch seine schiere Aura ein Produktionswunder. Moses hat das Meer geteilt, Musk hat uns das elektrische Fahren gebracht.

Elon Musk ist nicht nur umtriebiger Entrepeneur und ein respektiertes Vorbild, sondern zu oft auch ein unhinterfragter Visionär und Prophet. Einige sagen augenzwinkernd, er sei ein Zeitreisender. Das ist lustig. Andere sagen das im Ernst, das ist traurig. Die Kirche des Elon der Muskanisten macht sich aus der Vergötterung einen ironischen Spaß.

Auf dem Medienfestival South by Southwest im März 2018 sprach ein sichtlich übermüdeter und heiserer Elon Musk in einer Fliegerjacke, die an Kampfpiloten des Zweiten Weltkriegs erinnerte, von einer dystopischen Zukunft. Dunkle Zeiten werden kommen, möglicherweise ein Dritter Weltkrieg.

Er erneuerte seine eindringliche Warnung vor Künstlicher Intelligenz: „Erinnert euch an meine Worte: Die Gefahr durch KI ist viel größer als durch Nuklearwaffen.“ Er hält KI für die größte und dringendste Bedrohung unserer Existenz. Musk fordert, dass eine Institution die weitere Entwicklung von KI regulieren müsse. „Wir müssen jetzt die Grundlagen legen", raunte er. "Wenn die Menschheit beschließt, dass die Entwicklung einer Superintelligenz der richtige Schritt ist, dann sollten wir das sehr, sehr vorsichtig tun. Sehr, sehr vorsichtig. Das ist das vielleicht Wichtigste, was wir je tun.“

Musk bezeichnete KI-Experten, die das Ausmaß seiner Befürchtungen nicht teilten, als "Narren", die "Wunschdenken" folgten und "berühmte letzte Worte" aussprachen. Es klang ein wenig nach den Propheten im Alten Testament. Elon hat gesagt, ...

Natürlich sorgten die Worte des Hl. Elon für viele Diskussionen. Seine Anhänger verbreiteten das Wort in alle Himmelsrichtungen des Erdkreises. Kritiker fühlten sich verpflichtet, ihm argumentativ zu begegnen.

Elon Musk hat auch einmal gesagt, dass wir in Wahrheit in einer matrixartigen Simulation leben und dass Menschen den Mars bewohnbar machen könnten, indem sie seine Pole mit Atomsprengköpfen wegblasen. Er liebt Science Fiction und Fantasy - nicht nur bezogen auf Ideen und Erfindungen, sondern auch auf Narrative und sein Selbstbild. "Die Helden der Bücher, die ich gelesen habe - Der Herr der Ringe und der Foundation-Zyklus - fühlten sich immer verpflichtet, die Welt zu retten", sagte er dem New Yorker . Wer ein großer Retter sein will, braucht dafür große Gefahren. Für Musk ist KI diese Gefahr.

"Elon hat gesagt" ist ein für die ernsthafte wissenschaftliche Arbeit unzulässiges Scheinargument. Musk hat bereits unsere Aufmerksamkeit als erfolgreicher Unternehmer. Wir müssen ihn nicht noch zusätzlich auf den Sockel der Unantastbarkeit stellen. In seinem Tesla-Werk führt das Mantra "Elon hat gesagt" zu einer laxen Arbeitsplatzsicherheit und verschwiegenen Fabrikunfällen.

Ganz gleich, ob sie zutreffen oder nicht: Musks Aussagen sind ein Debattenbeitrag, nicht mehr und nicht weniger.

(anwe)