YouTube schaltet weiterhin Werbung vor extremistischen Inhalten

Die Videoplattform bekommt ihr Werbeproblem nicht unter Kontrolle: Immer noch erscheinen Anzeigen seriöser Unternehmen wie Adidas, Amazon und Netflix vor Clips mit rassistischem oder antisemitischem Inhalt.

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YouTube schaltet weiterhin Werbung vor extremistischen Inhalten
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Googles Videoplattform YouTube platziert nach wie vor Online-Werbung seriöser Unternehmen und Non-Profit-Organisationen sowie staatlicher Institutionen vor rassistischen, extremistischen und antisemitischen Inhalten. CNN berichtet von mehr als 300 Werbekunden – darunter Adidas, Facebook, Amazon, Hilton, LinkedIn, Cisco, Mozilla und Netflix, das US-Department of Transportation und das Centers for Disease Control and Prevention –, deren Anzeigenvideos betroffen sein sollen.

Die Videos dienten auf diesem Weg ungewollt als Vorspann für Channels von Neonazis, Verschwörungstheoretikern, White-Supremacy-Rassisten und Pädophilen sowie für nordkoreanische Propaganda. Auch Werbung der New York Times und der Washington Post sollen auf Channels mit politisch extrem rechts verorteten und verschwörungstheoretischen Inhalten erschienen sein.

So berichtet CNN etwa von Werbung für das Filmstudio 20th Century Fox Film, die auf dem Channel des amerikanischen Neonazis Brian Ruhe erschien. In anderen Fällen lief auf diesem Channel Werbung für zwei jüdische Non-Profit-Organisationen vor einem Video, in dem sich David Duke, ein militanter Neonazi und Ku-Klux-Klan-Aktivist, über "jüdische Weltherrschaft" und genetische Unterschiede zwischen Schwarzen und Weißen ausließ.

Vor demselben Video erschien außerdem eine gemeinsame Werbung von Nissan und Disney, die Diversität im Filmgeschäft thematisierte und schwarze Personen zeigte. Auf Nachfrage von CNN teilte Nissan mit, man stoppe mit sofortiger Wirkung jede Werbung auf YouTube, bis der Vorfall geklärt sei. Ähnlich verstimmt reagierten auch andere Unternehmen, nachdem CNN sie auf die Vorfälle aufmerksam gemacht hatte.

YouTube stand bereits in der Kritik, weil die Plattform etwa Anfang 2017 Online-Werbung britischer Kunden, darunter auch des Fernsehsenders BBC, vor ähnlichen extremistischen Inhalten zuließ. Ein Google-Vertreter bezeichnete damals David Dukes Videos als "regelkonform", versprach jedoch Besserung. Das Unternehmen wollte mehr Personal einstellen, um hochgeladene Videos möglichst rasch zu klassifizieren, sowie den Werbekunden bessere Hilfsmittel zur Steuerung ihrer Anzeigenkampagnen an die Hand geben, mit denen sie das Erscheinen ihrer Werbung vor unerwünschten Inhalten unterbinden können.

Zahlreiche Werbekunden hatten sich daraufhin in einem Boykott von der Plattform zurückgezogen, später auch die drei wichtigsten britischen Parteien mit ihrer Wahlkampfwerbung. Google versucht mittlerweile auch, gegen Videos mit Verschwörungstheorien (die nicht gegen die YouTube-Regeln verstoßen) mit aufklärenden Links zu Wikipedia-Artikeln anzugehen. Suchen Nutzer hingegen nach Inhalten islamistischer Terrororganisationen, leiten die Ergebnisse auf Gegenpropaganda um. (tiw)