Autonome Waffen: Bundesregierung spricht sich bedingt gegen Wettrüsten mit smarten Waffen aus

Die Bundesregierung setzt sich für eine politische Erklärung gegen autonome Waffensysteme ein. Die Anforderungen an Autonomie steckt sie allerdings hoch, so dass nur wenige Systeme in Frage kommen.

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Autonome Waffen: Bundesregierung definiert "autonom" recht konkret

Unbemannte US-Militärdrohne MQ-1C Gray Eagle.

(Bild: Army Photo)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Eine "politische Erklärung" und ein "Code of Conduct" gegen autonome Waffensysteme sollen nach der Vorstellung der Bundesregierung dem angelaufenen Wettrüsten mit "smarten" Waffen Schranken auferlegen. So bleibt sie hinter den Forderungen vieler Staaten nach einer verbindlichen völkerrechtlichen Ächtung zurück. Damit die Bundesregierung Waffen als autonom anerkennt, müssen sie nämlich schon sehr viel Menschliches haben.

"Die Bundesregierung setzt sich aktiv für eine Ächtung letaler vollautonomer Waffensysteme ein, die außerhalb der Kontrolle des Menschen tätig werden", teilte das Außenministerium auf Anfrage von heise online mit. In den Verhandlungen der Gruppe der Regierungsexperten (GGE) der Genfer Waffenkonvention (CCW), die sich kürzlich zum fünften Mal seit ihrer Einsetzung 2013 in Genf traf, werde daher auf eine "Politische Erklärung" als "ersten Schritt" hingearbeitet. Deutschland hatte seinen Vorschlag in Genf gemeinsam mit Frankreich unterbreitet.

Die Bundesregierung schlägt weiter vor, "dass sich alle Vertragsstaaten darauf verpflichten, nur solche Waffen einzusetzen, die wirksam durch den Menschen kontrolliert werden können", heißt es aus Berlin. "Oberste Leitlinie" in allen Fragen des Einsatzes von Kriegswaffen seien die Vorgaben des internationalen Rechts, das unter anderem den Einsatz von Waffen verbietet, "die nicht zuverlässig zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden können oder die gegen das Verbot unterschiedsloser Angriffe und das Gebot zum Verhindern übermäßiger Leiden verstoßen." In Genf warnten deutsche Vertreter auch vor einem möglichen Wettrüsten und den Gefahren einer Proliferation der smarten Waffen, die beispielsweise auch in die Hände von Terroristen fallen könnten.

Hinter Forderungen nach einem verbindlichen völkerrechtlichen Verbot bleibt die Bundesregierung aber zurück. Insgesamt 26 Staaten – darunter seit kurzem auch China, Österreich, Kolumbien und Djibouti – fordern statt Zwischenschritten und Selbstverpflichtungen einen KI-Waffen-Sperrvertrag. Nach einem weiteren Treffen im August 2018 steht im November die Entscheidung über Verhandlungen im kommenden Jahr an.

Als Hardliner gegen ein klares Verbot haben sich während des Treffens in April die USA – die die KI-Kräfte von Geheimdienst und Militär gerade in einer neuen Gruppe bündeln –,Russland, Israel, Großbritannien und Frankreich positioniert. Das berichteten nach dem Treffen Wissenschaftler, die in der Kampagne StopKillerRobots auf ein Verbot drängen.

Kritisch beurteilen die Aktivisten dabei nicht zuletzt auch die Versuche, die Kriterien für autonome Waffensysteme so hoch zu stecken, dass praktisch jegliche derzeit denkbare "smarte Waffe" darunter durchkommt. Auch die von deutschen Diplomaten in Genf vorgetragene Definition eröffnet erhebliche Spielräume. Für sie seien folgende Gesichtspunkte maßgeblich: "Fähigkeit zur Wahrnehmung der Umgebung", "Evaluierung der Umstände einer sich verändernden Situation ohne Bezug auf vorab festgelegte Zielsetzungen", "Beurteilung und Entscheidung darüber, welches Vorgehen sich am besten zur Realisierung dieser Zielsetzung eignet" und "Initiierung der Aktionen basierend auf diesen Schlussfolgerungen". Das alles soll ein Waffensystem ohne jegliche Intervention des Menschen machen können, der das Waffensystem in Betrieb gesetzt hat, steht in der offiziellen deutschen Genfer Stellungnahme. Lernfähigkeit und "Eigenwahrnehmung" seien unverzichtbare Eigenschaften eines autonomen Waffensystems.

Das britische Verteidigungsministerium, das ähnlich hohe Anforderungen an den Begriff Autonomie stellt, hatte jüngst eine Untersuchungskommission des britischen Oberhauses kritisiert. Dieses hatte nämlich moniert, die Fähigkeit zum "Verstehen übergeordneter Absichten und deren Ausrichtung" gehe eindeutig zu weit.

Großbritannien gehört zu den Ländern, in denen aktiv an autonomen Waffensystemen gearbeitet wird. KI-Professor und StopKiller-Robots-Aktivist Noel Sharkey rät demgegenüber zur Unterscheidung in menschlich entschiedene oder dem Schützen per Software präsentierte Zielwahl von stärker von der Maschine beherrschten Kampfhandlungen. Bleibt dem menschlichen Schützen nur noch eine Zustimmung vor dem Schuss oder gar ein kurzfristiges Veto oder wird Software gestützt das Ziel gewählt und angegriffen, hat der Krieg die Grenze zum Robot-War klar überschritten. (anw)