Urlaub ohne Kunststoffmüll

Eine große skandinavische Schifffahrtsgesellschaft will ab Sommer keinerlei Wegwerfplastik mehr verwenden – ein gar nicht so einfaches Unterfangen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Fjordlandschaft an der Westküste Skandinaviens gilt ihren Besuchern als echtes Naturparadies: Dünn besiedelt, mit hohen Bergen und tiefem Meer, großem Fischreichtum, dramatischen Wasserfällen und so manchem Aussichtspunkt, der einem den Atem raubt.

Mehr Infos

Als traditionell schönste Variante, diese Gegend zu bereisen, gilt das Postschiff: Hurtigruten, "die schnelle Route", verbindet Bergen im Westen mit Kirkenes oben im Norden. Seit 125 Jahren ist die Linie bereits unterwegs, einst als wichtiges Verkehrs- und Logistikmittel, das die langwierigen Wege über Land ablösen sollte, heute zunehmend als Touristenattraktion, der sich auch viele Deutsche jedes Jahr hingeben.

Doch ganz so umweltfreundlich, wie man es sich in dieser herrlichen Naturlandschaft wünschen würde, sind die Fahrzeuge der Linie leider nicht. So sorgen Hurtigruten und ihre noch viel größeren Konkurrenten, die riesigen Kreuzfahrtschiffe der internationalen Schiffslinien, etwa im weltberühmten Geirangerfjord im Sommer für schlechte Luft. Das ist unschön fürs Image.

Entsprechend haben die Hurtigruten in den letzten Jahren angekündigt, ihre neuen Schiffe mit Hybridantrieben auszustatten, die dank Batterien weniger fossile Brennstoffe verbrauchen und für weniger Abgase sorgen. Gleichzeitig versucht die norwegische Regierung, das Angebot an Landstromversorgung zu verbessern, damit die Touristenschiffe ihre Schiffsdiesel abschalten können, wenn sie am (oder vor dem) Hafen liegen.

Im Rahmen einer großen Plastikaufräumaktion, die in den letzten Wochen ganz Norwegen erfasst hat und bei der selbst Premierministerin Erna Solberg medienwirksam mitmachte, kündigten die Hurtigruten außerdem an, künftig ihren Verbrauch an Kunststoff massiv zu reduzieren. Der ist derzeit noch gewaltig. Nach Angaben der Reederei werden jährlich fast eine Million Plastikstrohhalme, fast 400.000 Kunststoffgläser, 200.000 Plastiktüten und über 800.000 Einmalverpackungen mit Butter weggeworfen. Hinzu kommt die Einwegkleidung der Küchenbesatzungen, die die Touristen auf dem Schiff bekochen.

Bereits ab dem kommenden Sommer soll der Verbrauch an Kunststoff, der im Meer zu Mikroplastik wird, innerhalb der Hurtigruten-Flotte stark reduziert werden. Die Strohhalme werden künftig aus Metall sein, Kunststoffgläser werden durch Glas ersetzt, Plastikbesteck, Plastikzahnstocher und Wegwerfbutterverpackungen aus dem Programm genommen.

Was an Plastik weggelassen werden kann, soll weggelassen werden, kündigten die Hurtigruten an – was bei 400.000 jährlichen Mitfahrenden und 2500 Angestellten einen nicht unerheblichen Beitrag leisten könnte. Man habe sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt, so der Konzernchef Daniel Skjeldam gegenüber norwegischen Medien. Nun sei die Zeit gekommen, "zu handeln".

Die Reederei sieht sich als "großer Player", allerdings sind auch viele Fischereischiffe direkt an der Vermüllung des Meeres beteiligt. So stellten Forscher kürzlich fest, dass es Bereiche vor der skandinavischen Westküste gibt, die mit Plastik stärker durchsetzt sind als Buchten vor Großstädten in Südeuropa. Fischer hatten an bestimmten Stellen jahrelang ihre alten Nylonnetze, nicht mehr notwendige Fischbehälter aus Styropor und weiteres unabbaubares Plastikmaterial ins Meer gekippt – und das noch bis ins Jahr 2000.

(bsc)