Nie mehr Bluttransfusionen?

Menschen mit Beta-Thalassämie leiden an Hämoglobinmangel, der regelmäßig mit Frischblut ausgeglichen werden muss. Eine neue Gentherapie soll das ändern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Emily Mullin
Inhaltsverzeichnis

Eine experimentelle Behandlung für eine erheblich Bluterkrankung, die nur einmal vorgenommen werden muss, hat in einer kleinen Studie deutlich positive Ergebnisse gezeigt. Die Firma hinter der neuartigen Gentherapie gegen den Hämoglobinmangel heißt Bluebird Bio – sie will mit DNA-Veränderungen Krankheiten kurieren.

Weltweit leiden rund 288.000 Menschen an der Beta-Thalassämie, einer genetischen Krankheit, bei der der Körper nicht genügend Hämoglobin produziert, das eisenreiche, sauerstofftransportierende Protein in den roten Blutzellen. Eine internationale klinische Studie hat die Bluebird-Therapie nun untersucht. Sie zeigte, dass 15 von 22 Patienten mittels Gentherapie geholfen werden kann – diese kommen künftig ohne Bluttransfusionen aus, wie sie unbehandelte Patienten ihr Leben lang benötigen. Die anderen sieben Patienten, von denen die Mehrzahl die schwerste Form der Beta-Thalassämie hat, benötigen mittlerweile immerhin weniger Transfusionen.

Mehr Infos

Die Patienten wurden bis zur dreieinhalb Jahre beobachtet und die Heilung hält immer noch an, wie das Bluebird-Bio-Team berichtet. Alle Probanden hatten zuvor alle drei bis vier Wochen reguläre Bluttransfusionen erhalten, seit sie sechs Monate alt gewesen waren, wie Alexis Thompson vom Lurie Children's Hospital in Chicago in der Studie schreibt.

Eine solche Transfusion dauert zwischen vier und sechs Stunden. Häufige Transfusionen können zu Eisenablagerungen im Blut führen, was ernste Nebenwirkungen hat. Eine 2016 in Großbritannien durchgeführte Studie schätzte die Kosten für die Behandlung von Patienten mit schwerer Beta-Thalassämie auf 720.000 US-Dollar über 50 Jahre.

Bei der Gentherapie werden zunächst Stammzellen aus dem Knochenmark der Patienten entnommen und diese dann außerhalb des Körpers mit einem Virus modifiziert, der so verändert wurde, dass er die korrekten Kopien des HBB-Gen trägt, das für die Hämoglobin-Produktion verantwortlich ist. Die Stammzellen werden dann zurück ins Knochenmark gebracht, wo sie beginnen, gesunde Blutzellen zu bilden.

Thompson zufolge waren die Effekte bei den Patienten "erstaunlich". Sie seien stets an die teure und belastende Transfusionsmedizin gebunden gewesen, doch nach der Gentherapie ändere sich das. "Die Leute haben ganz neue Ziele und verfolgen sie auch."

Im Dezember erlaubten die Behörden in den USA erstmals eine Gentherapie, um eine Erbkrankheit zu bekämpfen. Das Verfahren namens Luxturna soll das Augenlicht bei Menschen mit einer seltenen Form von erblicher Erblindung wiederherstellen. Zwei Gentherapien gegen Krebs, Kymriah und Yescarta, wurden bereits letzten Jahr zugelassen.

Bluebird Bion aus Cambridge in Massachusetts arbeitet auch an Gentherapien gegen Sichelzellenanämie und die Adrenoleukodystrophie im Kindesalter, eine schwerwiegende Nervenkrankheit. 2017 konnte die Firma mitteilen, dass ein französischer Junge, der wegen Sichelzellenanämie behandelt wurde, keine Symptome mehr hat.

David Davidson, Medizinchef bei Bluebird, sagt, dass seine Firma in Europa nach noch 2018 einer Zulassung für die Beta-Thalassämie-Behandlung ersuchen wird. Danach sollen die USA folgen. Danach will man das Verfahren an mehreren Standorten in den USA und Europa anbieten.

(bsc)