Facebook: Datenschützer nehmen sich das Social Network erneut zur Brust

Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern haben Facebook aufgefordert, endlich reinen Tisch zu machen bei der Datenweitergabe an App-Anbieter. Das neue Einwilligungsverfahren sei mehr als zweifelhaft.

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Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder hat sich Facebook vorgenommen. "Tatsächlich ist der aktuell diskutierte Fall einer einzelnen App nur die Spitze des Eisbergs", sind sich die Kontrolleure demnach im Blick auf den Datenskandal rund um das soziale Netzwerk und die Big-Data-Firma Cambridge Analytica sicher.

So gehe allein die Zahl der Online-Anwendungen, die das Facebook-Login-System nutzten, in die Zehntausende. Die Zahl der davon rechtswidrig betroffenen Personen dürfte die Dimension der Affäre "in dramatischer Weise sprengen und dem Grunde nach alle Facebook-Nutzenden betreffen".

Die Aufsichtsstellen fordern in einer jetzt veröffentlichten Entschließung den kalifornischen Konzern auf, "den wahren Umfang der Öffnung der Plattform für App-Anbieter in den Jahren bis 2015" offenzulegen und "belastbare Zahlen der eingestellten Apps sowie der von dem Facebook-Login-System betroffenen Personen" zu nennen. Ferner müssten Betroffene über erfolgte Rechtsverletzungen informiert werden.

Die gravierenden Vorwürfe dürften nicht wieder im Dunkel verschwinden und auch nicht darüber hinwegtäuschen, "dass sie vermutlich nur ein kleines Puzzlestück des datenschutzrechtlich problematischen Geschäftsmodells von entsprechenden Unternehmen sind", betonte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff.

Der in Deutschland vom Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar verfolgte Datenskandal werfe insgesamt "ein Schlaglicht auf den Umgang mit Millionen Nutzerdaten" und damit verknüpfte Profilbildungen sowie Manipulationen, heißt es in der Resolution. Facebook habe über Jahre hinweg App-Entwicklern den "massenhaften Zugriff" auf Informationen über Nutzer und deren Freunde ermöglicht "ohne eine Einwilligung der Betroffenen".

Die Datenschutzkonferenz appelliert so nachdrücklich an Betreiber sozialer Netzwerke, ihre Geschäftsmodelle auf die am 25. Mai in Kraft tretende EU-Datenschutzverordnung auszurichten und "ihrer gesellschaftliche Verantwortung nachzukommen". Dazu gehöre auch, "angemessene Vorkehrungen gegen Datenmissbrauch zu treffen".

Bei Facebook reiben sich die Kontrolleure vor allem daran, dass der Konzern seine bisher getätigten Umstellungen mit Blick auf den Stichtag auch genutzt habe, um auch in Europa wieder Gesichtserkennungsfunktionen ins Spiel zu bringen. Damit markiert der Betreiber erkannte Nutzer in Fotos automatisch.

Die Datenschützer haben aber "erhebliche Zweifel" daran, ob das von Facebook implementierte Zustimmungsverfahren "mit den gesetzlichen Vorgaben insbesondere zur Einwilligung vereinbar ist". Sie wittern hier "eine unzulässige Beeinflussung des Nutzers": Dieser werde dazu gedrängt, die biometrischen Datenverarbeitung zuzulassen. Sich dieser zu entziehen, sei wesentlich schwieriger.

In der Entschließung geben die Aufseher zudem zu bedenken, dass auch Rufe nach einer "Entflechtung des Facebook-Konzerns" in dem Maße zunähmen, "wie sich dieser durch die systematische Umgehung des Datenschutzes wettbewerbswidrige Vorteile auf dem Markt digitaler Dienstleistungen zu verschaffen versucht". Es bedürfe europäischer Initiativen, "um monopolartige Strukturen im Bereich der sozialen Netzwerke zu begrenzen und Transparenz von Algorithmen herzustellen".

Hier sei auch das Wettbewerbs- und Kartellrecht gefordert. Parallel droht die Konferenz damit, "alle vorhandenen aufsichtsbehördlichen Instrumente auf nationaler und europäischer Ebene" ausschöpfen zu wollen und damit gegebenenfalls die Rechtsvorschriften zum Schutz der Nutzer durchzusetzen.

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(jk)