Schwerhörigkeit oder eingeschränkte Sicht: Android P senkt Barrieren

Neue Funktionen in Android P erleichtern Anwendern mit Behinderungen den Alltag. Für Entwickler gibt es neue Attribute und verbesserte Werkzeuge für Tests.

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großes I/O-Logo, davor Leute, die Selfies machen

Auf der Google I/O 2018 steht Barrierefreiheit hoch im Kurs.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Um möglichst viele User erreichen zu können, müssen Apps möglichst barrierefrei gestaltet werden. Android P bringt Neuerungen, die Entwicklern wie Anwendern das Leben erleichtern sollen. Für schwerhörige Endanwender bringt Android P die Softwarefunktion Sound Amplifier. In Verbindung mit Kopfhörern wird das Handy damit zum Hörgerät, das Umgebungsgeräusche unterdrückt.

Das ist beispielsweise bei Unterhaltungen in lauten Umgebungen hilfreich, kann aber auch beim Fernsehen hilfreich sein, wenn man die lieben Nachbarn nicht mit extremem Flimmerkistenlärm beglücken möchte. Der Nutzer muss am Handy nur zwei Schieber regeln ("Loudness" und "Tuning"), was getrennt für jedes Ohr erfolgen kann. Das Handy nimmt dann über sein Mikrofon den Ton auf, schickt ihn durch einen Multiband-Compressor und einen Limiter, und gibt das Ergebnis über die Kopfhörer aus.

Die Android-Tastatur Gboard wird die Eingabe von Morsecode unterstützen. Das hilft Usern, die ihre Finger nicht so exakt steuern können, wir es für das klassische Gboard erforderlich wäre. Die Morse-Eingabe kann dann natürlich auch über einen externen Switch erfolgen. Gut, dass das Morse-Alphabet seit 2004 auch das @-Zeichen kennt.

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Ebenfalls für User mit eingeschränkter Fingerfertigkeit ist das Accessibility Menu gedacht. Es erleichtert diverse Gesten, Screenshots, Lautstärkeeinstellungen, das Sperren des Bildschirms oder das Ausschalten des Handys. So wird insbesondere die einhändige Bedienung erleichtert.

Wer schlecht oder gar nicht lesen kann, dürfte sich über "Select to Speak" freuen. Dabei kann auch in Bildern beziehungsweise der Kamera aufscheinender Text ausgewählt werden, damit ihn die Sprachausgabe des Handys vorliest. Andere Nutzer werden froh sein, Animationen deaktivieren zu können, ohne in den Developer-Einstellungen wühlen zu müssen. Außerdem wird es möglich sein, die Vibrations-Einstellungen zu verfeinern, sowie Farbkorrektur respektive Farbumdrehung über die Lautstärke-Tasten auszulösen.

Wer App-Interfaces programmiert, sollte sich mit den neuen Accessibility-Attributen in Android P vertraut machen. Sie ermöglichen Barrierefreiheitdiensten, insbesondere Screenreadern, die Navigation innerhalb der App: Titel für Panes, Beschreibungen für Headings und Focus-Attribute für View-Objekte. Spezielle Empfehlungen für barrierefreie Spiele-Programmierung hat die AbleGamers-Stiftung zusammengestellt.

Präsentationsfolie zu Select to Speak mit Texterkennung

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Die Google-App Accessibility Scanner untersucht andere Apps und unterbreitet Vorschläge, wie Barrieren reduziert werden könnten. Die im März erschienene Version 1.2 legt zusätzliches Augenmerk auf Kontraste und kann zwei zuvor nicht erkannte Fehler aufspüren.

Ebenfalls im März herausgekommen ist die neue Version 3.0 des Android Accessibility Test Frameworks. Damit können Entwickler ihre Apps auf eine Reihe von Barrieren testen. Das Framework kann unter anderem Espresso und Robolectric integriert werden.

Der Google Play Store generiert für Alpha- und Beta-Versionen neuer Apps automatisch einen Pre-Launch Report. Er soll gängige Fehler aufspüren, wozu neuerdings auch bestimmte Barrieren zählen. Und sogar für Entwickler von iOS-Apps hat Google ein Barrierefreiheits-Framework erstellt Es heißt GTXiLib und arbeitet mit Apples XCTest-Framework zusammen.

Testumgebung für App-Entwickler

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Neben automatisierten Tests sind auch manuelle Tests der Android-Apps wichtig. Dafür drängen sich folgende Google-Apps auf: TalkBack, BrailleBack sowie das auf der Google I/O 2016 vorgestellte Voice Access. Hinzu kommt die Switch-Access-Funktion für Anwender mit eingeschränkter Fingerfertigkeit. Sie kann in den Android-Einstellungen aktiviert und dann mit einem externen Switch oder durch Buttons auf dem Touchscreen genutzt werden.

Manuelle Tests sollten immer auch unter suboptimalen Bedingungen durchgeführt werden, empfahlen die Google-Experten auf der Google I/O 2018. Dazu gehören etwa Situationen im prallen Sonnenschein, in lauter Umgebung, oder mit einer Tasse heißen Tees in einer Hand. (ds)