Born to be mild

Retro vom Feinsten: Fahrbericht von der Kawa Z 900 RS

Die Z 900 RS will die legendäre 900 Z1 aus den 1970er Jahren beerben. Kann sie auch, aber aus der wilden Bestie ist nach vier Jahrzehnten ein braver Kumpel geworden – und das ist gut so. Unglaublicher Dampf aus dem Drehzahlkeller verpackt in das Design der legendären Kawasaki Z1 aus den 1970ern

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Kawasaki Z 900 RS 15 Bilder
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  • iga
Inhaltsverzeichnis

Als Kawasaki durchsickern ließ, dass sie eine Replika der Z1 auflegen würden, war die Aufregung unter den Fans groß. Dazu muss man wissen, dass die 900 Z1 DAS Superbike der 70er war. Mit ihren 79 PS aus dem gewaltigen Vierzylinder beschleunigte sie bis auf sagenhafte 220 km/h. Allerdings war das Fahrwerk mit der Leistung überfordert und neigte bei hohen Geschwindigkeiten zu wilden Pendeleien, was ihr zusätzlich den Ruf des Männermotorrads einbrachte. Ohne Frage war die 900 Z1 ein Meilenstein in der Motorradgeschichte.

Umso größer war die Verantwortung der Kawasaki-Entwicklungsabteilung, als der Vorstand grünes Licht für eine Neuauflage ihrer Kultbikes gab. Als Basis dient die bereits mit viel Lob überschüttete und erst letztes Jahr erschienene Z 900, die sich jedoch in ein sehr aggressives, fast schon futuristisches Gewand hüllt. Ihr Vorteil ist aber, dass sie keinen Aluminium-Brückenrahmen besitzt, wie es jahrzehntelang bei den PS-starken Bikes von Kawasaki üblich war, sondern einen Gitterrohrrahmen aus Stahl – ganz wie die Z1 aus dem Jahr 1972. Natürlich verfügt der moderne Reihenvierzylinder über eine Flüssigkeitskühlung – ein luftgekühlter Motor wie damals schloss sich schon wegen der Euro4-Norm aus. Den Kühler galt es entsprechend möglichst unauffällig zu verpacken. Tatsächlich stört er das Erscheinungsbild der Z 900 RS nicht weiter.

Gelungene Linienführung

Der Tank, die Sitzbank und der Entenbürzel im Heck ähneln denen der Z1 sehr, auch ein Rundscheinwerfer und zwei analoge, von Chromringen gezierte Rundinstrumente im Cockpit sind stilecht. Die Linienführung darf als absolut gelungen gelten, das i-Tüpfelchen ist die Zwei-Farben-Lackierung in Candytone Brown und Candytone Orange, die exakt dem Vorbild aus den 1970er entspricht. Damals hat man sich in Sachen Farbgebung echt was getraut. Es gibt die Z 900 RS zwar auch in schwarz metallic und in matt grün, aber wirklich stilecht ist sie natürlich nur in Braun/Orange.

Mancher Retro-Fan bemängelt jedoch, die Z 900 RS sei nicht konsequent genug designt. Drahtspeichenfelgen und zwei Federbeine hätten schon sein dürfen, vor allem aber eine Vier-in-vier-Auspuffanlage. Die vier Auspufftöpfe waren damals wichtig, um jedem klar zu machen, dass hier ein Vierzylinder arbeitet. Natürlich hätten die Entwickler der Z 900 RS das alles mitgeben können, aber dann wäre nicht nur das Gewicht, sondern vor allem auch der Preis deutlich nach oben gegangen.

Der Motor ist ein Sahnestück

Der 948 cm3 große Reihenvierzylinder ist schon in der Z 900 ein echtes Sahnestück, für die Z 900 RS wurde er dem Einsatzzweck angepasst. Die ursprünglichen 125 PS bei 9000/min wurden über Nockenwellen mit zahmeren Steuerzeiten, niedrigerer Verdichtung und mehr Schwungmasse an der Kurbelwelle auf 111 PS bei 8500/min gekappt, zugunsten eines besseren Drehmomentverlaufs. Die maximalen 98 Nm Drehmoment liegen nun schon bei 6500/min an, die Z 900 liefert ihre 97 Nm erst bei 7700/min. Der erste Gang ist kürzer, der sechste Gang länger übersetzt und das Kettenrad hat zwei Zähne mehr.