Zahlen, bitte! 666 – Gottes Werk und Teufels Beitrag

Um keine Zahl ranken sich so viele Geschichten und Verschwörungstheorien wie um die 666. Aber wie kam es eigentlich dazu?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 199 Kommentare lesen
Zahlen, bitte: 666 Gottes Werk und Teufels Beitrag
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Detlef Borchers
  • Volker Zota
Inhaltsverzeichnis

Die 666 hat mathematisch durchaus spannende Eigenschaften: Beispielsweise ist sie die Summe der Quadrate der ersten sieben Primzahlen (666 = 22 + 32 + 52 + 72 + 112 + 132 + 172), eine Dreieckszahl, sprich die Summe der ersten 36 Zahlen (666 = 1 + 2 + ... + 36) sowie eine Smith-Zahl, bei der die Summe der Ziffern der Summe der Primfaktoren entspricht: 666 = 2 · 3 · 3 · 37 und 6 + 6 + 6 = 2 + 3 + 3 + (3 + 7) = 18.

Doch schon im mathematischen Kontext wird die 666 oft auf ihre mystischen Werte reduziert. So steckt sie unter anderem im Zentrum eines konstruierten Primzahlenpalidroms, der teuflischen Primzahl (auch Belphegors Primzahl), hat Zahlen mit 666 Stellen den Beinamen apokalyptische Zahlen beschert … und natürlich gibt es auch ein apokalyptisches magisches Quadrat: Die Summe der Primzahlen im untenstehenden Quadrat ergibt horizontal, vertikal und diagonal 666.

Die biblische Interpretation der 666 überlagert alle mathematischen Überlegungen: "Und es bringt alle dahin, die Kleinen und die Großen, und die Reichen und die Armen, und die Freien und die Knechte, dass sie ein Malzeichen annehmen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn; und dass niemand kaufen oder verkaufen kann als nur der, der das Malzeichen hat, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl; und seine Zahl ist 666. Als Zahl des Teufels oder eben des Tieres ist 666 tief in die abendländische Geschichte eingeschrieben, von der Bibel bis zum Koffer in "Pulp Fiction".

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Als mystische oder religiöse Zahl kommt 666 mehrfach im Alten Testament vor. Dies ist darin begründet, dass die Zahl im hebräischen Septenärsystem (0,1,2,3,4,5,6) der Kalender und Zeitzyklen etliche Bedeutungen hatte und auch im "babylonischen" Duodezimalsystem wichtig war. Sechs ist die Zahl des Menschen, der am sechsten Tag erschaffen wurde und sechs ist die Hälfte der erhabenen Teilerin 12, der Vollkommenheit des Universums. Sieben ist die Zahl Gottes und des Tages, an dem er ruhte, symbolisiert von der Menora. 777 steht entsprechend für die göttliche Vollkommenheit. Als Geldwert steht 666 für den sagenhaften Reichtum von Salomo, als Zeitwert unserem "fünf vor Zwölf".

Im zweiten Schritt gab und gibt es eine Fülle von Überlegungen, wer mit der in der Offenbarung genannten 666 als Person gemeint sein könnte. Nero (hebräisch "Kesar Neron" ergibt nach der der Tradition der Gematrie den Zahlwert 666) war die erste Wahl, doch auch weitere römische Kaiser wie Hadrian und Trajan kämen in Frage. Selbst die sonst den himmlischen Dingen abgeneigten "Marxisten" wie etwa Friedrich Engels spekulierten munter mit, wer gemeint sein könnte. Unter unzähligen okkulten Auslegungen der 666 sei der nur "Großmeister" aller Kulte Aleister Crowley erwähnt, der sich selbst als Biest oder als Antichrist bezeichnete und seine Briefe mit 666 unterschrieb.

Als "Zahl des Teufels" erfüllte die 666 ihre Funktion auch in der größten Gegenkirche: Als mit Martin Luther der Teufel, die Hölle und die Ablässe aus dem Christentum getrieben wurden, musste der Papst umgerechnet werden. Der Mathematiker und Theologe Michael Stifel berechnete aus den Zahlen der Bibel nicht nur das Ende der Welt am 19. Oktober 1533, sondern führte auch den mathematischen Beweis, dass der damalige Papst Leo X das apokalyptische Tier ist. Mit den von der Kabbala übernommen Zahlenwerten für lateinische Buchstaben "entlarvte" Stifel LEO DECIMUS als MDCLXVI = 1666. Luther selbst hielt den Papst zwar auch für das apokalyptische Tier, bezeichnete die Berechnungen Stifels aber als unsinnig.

In den neuzeitlichen Interpretationen der 666 spielt natürlich auch der Computer eine wichtige Rolle. Das fängt schon beim Namen an. Denn wenn wir die Buchstaben unseres Alphabets in 6er-Schritten wie A = 6, B = 12 und C = 18 usw. ganz in der gematrischen Tradition von Michael Stifel umrechnen, erhalten wir für das Wort "Computer" die Zahl des Biestes 666, wo sonst nur eine 111 stehen würde. Schön schräg ist übrigens die Tatsache, dass Intels Pentium III in der Coppermine-Variante nicht mit 666 MHz laufen durfte, sondern mit sehr unüblichen 667 MHz.

Weniger bekannt dürfte die gematrische Deutung sein, die das World Wide Web als Ausdruck für die Apokalypse interpretiert: Da es im hebräischen Alphabet keine eigenständigen Zahlwerte gibt, stehen Buchstaben für Zahlen und "Wav" für die 6, sodass WWW = 666 gedeutet wird.

Eine weitere relativ moderne Variante ist die große Tastatur-Verschwörung, die die 666 und die Unterwerfung unter das Biest in den Nummerfeldern von Mobiltelefonen, Taschenrechnern und Bankautomat wirken sieht. Man addiere horizontal 1 + 2 + 3 = 6, 4 + 5 + 6 = 15. Addiert man die einzelnen Ziffern 1 + 5 ergibt sich wiederum 6, gleiches klappt bei 7 + 8 + 9 = 24 und 2 + 4 = 6.

In der Popkultur gibt es unzählige Referenzen, in denen die magischen Qualitäten der 666 immer für einen Verweis gut sind. Vom Koffer mit dem Schlosscode 666 in "Pulp Fiction" war schon die Rede, auch "Das Phantom in der Oper" und besonders "Das Omen" bauen die 666 in die Filmhandlung ein, in letzterem als Angst vor der satanischen Zahl. Dafür gibt es sogar einen wissenschaftlichen Namen, abgeleitet aus dem griechischen Namen der Zahl: Hexakosioihexekontahexaphobie.

Spielerisch taucht die die 666 in den Bildern von Keith Haring auf, sehr ernst ist es hingegen im Roman "Sakrileg" von Dan Brown, wo die von I.M.Pei entworfene Glaspyramide im Louvre auf Geheiß des ehemaligen französischen Präsidenten François Mitterand genau aus 666 Glasfenstern bestehen sollte – tatsächlich sind es 673. Im weiten Feld der Popmusik sagt man Led Zeppelins Song "Stairway to Heaven" satanische Texte nach. Spielt man das Ende rückwärts ab, so wird angeblich der Teufel und die 666 beschworen – dazu braucht es allerdings einige Fantasie:

Erstmals unverschlüsselt war die 666 im Jahre 1972 bei der griechischen Band "Aphrodite's Child" ein Thema, da Songschreiber Vangelis die Offenbarung des Johannes vertonte. Seit den Anfängen des Heavy Metal spielt die 666 dauerhaft eine Rolle. Iron Maiden setzte ihr mit dem Song "The Number of the Beast" im Jahr 1982 ein musikalisches Denkmal. (vza)