Bayern: Landtag beschließt mit CSU-Stimmen das neue Polizeiaufgabengesetz

Die SPD bemühte den alten Franklin-Satz von der verlorenen Freiheit. Die Freien Wähler hielten es mit Lucky Luke und dem Motto "erst hängen, dann reden". Bayerns CSU setzte ihr neues Polizeiaufgabengesetz trotzdem durch.

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Weniger „Frei“staat: Bayern beschließt Polizeiaufgabengesetz

(Bild: Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Mit ihrer absoluten Mehrheit setzte die CSU am Dienstagnacht das umstrittene Gesetz zur Neuordnung des Bayerischen Polizeirechts durch. Die Opposition einschließlich der Freien Wählern liefen bis zuletzt Sturm. Grüne und SPD kündigten noch während der zweiten und dritten Lesung Verfassungsklagen an. Mit 89 zu 67 Stimmen bei zwei Enthaltungen verabschiedete der Landtag trotzdem in der Schlussabstimmung das neue Bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG).

Vorangegangen waren die teils von tumultartigen Szenen begleiteten Aussprachen der zweiten und dritten Lesung. Das Gesetz kann jetzt am 25. Mai in Kraft treten. Laut CSU war die Eile insbesondere notwendig, weil einzelne Teile die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung umsetzen. Das Gesetz bringe "mehr Sicherheit, mehr Bürgerrechte und mehr Datenschutz", es sei ein "Schutzgesetz und kein Überwachungsgesetz", versicherte Innenminister Joachim Herrmann.

Zum Nachweis der Notwendigkeit verwies der Bayerische Innenminister auf den jüngsten Anschlag in Paris, die "Ausschreitungen bei dem G20 Gipfel" und den "aus Habgier begangenen Anschlag auf den BVB-Bus". Die vielen neuen Eingriffsbefugnisse,insgesamt 39 an der Zahl, die unter anderem den Einsatz von Trojanern, Cloud-Durchsuchungen, IMSI-Catchern, Drohnen und Bodycams im Vorfeld von Straftaten ermöglichen, seien wichtig, um die Polizei technologisch auf den neusten Stand zu bringen.

Nur so könnten sie Verbrechen im Darknet und Kinderpornographie ermitteln, so CSU-Vertreter Manfred Ländner. Das Absenken der Eingriffsschwelle auf die "drohende Gefahr" auch für Delikte weit unterhalb des Terrorismus, für den das Bundesverfassungsgericht polizeiliche Präventivermittlungen für verfassungsmäßig erklärt hatte, verteidigte Thomas Kreuzer von der CSU: "Was macht das denn für einen Unterschied für die Opfer eines Schulmassakers und deren Angehörige, ob es ein Terrorist war oder nicht?

Keines der von der CSU angeführten Beispiele greife, hielt die Opposition von Grünen bis Freie Wähler der CSU entgegen. Werde ein Schüler wegen einschlägiger Äußerungen im Internet auffällig, sei eine Gefährderansprache auch heute möglich, so die SPD. Den Hinweis der CSU, das neue PAG schütze Ehefrauen nach der Scheidung vor mordlustigen Ehemännern, quittierte Eva Gottstein von den Freien Wählern mit der lakonischen Bemerkung, dass man dann wohl 50 Prozent der Ehemänner in Gewahrsam nehmen wolle. Gottstein sprach sich wie die Grünen-Vertreterin Katharina Schulze entschieden gegen die Vermischung von polizeilichen und geheimdienstlichen Aufgaben aus.
Unsäglich nannten die Gegner im Parlament auch die Ankündigung der Staatsregierung, das Gesetz werde nach seiner Verabschiedung durch eine Informationskampagne, in Dialogrunden und auch durch Polizisten der Bevölkerung erklärt und nahe gebracht.

Angesichts der vorangegangenen Massenproteste gegen das Gesetz hatten Innenminister und CSU-Vertreter in der Debatte erneut kritisiert, die Opposition habe den Rechtsstaat beschädigt, weil sie sich nicht von linken Gruppen im No-PAG Bündnis distanziert hätten. Das Bündnis mit fast 100 Mitgliedsgruppen hatte vergangene Woche weit über 30.000 Gegner des Gesetzes auf die Straße gebracht. Gottstein konterte, die CSU solle bitte erwähnen, dass sich auch katholische und evangelische Verbände aus Bayern gegen das Gesetz gewandt hätten. (olb)