Zahlen, bitte! Windows 3.0 – Das Erwachen der Marktmacht

Alle kennen Windows 3.1, dabei legte Microsoft den Grundstein für den Erfolg seines Betriebssystems schon mit Version 3.0 und veranlasste Apple zu ernsthaften Überlegungen einer x86-Portierung seines eigenen Betriebssystems.

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Zahlen, bitte! Version 3.0 - der Durchbruch für Windows
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Mit dem markigen Slogan "Witness the Transformation" und einer aufwendigen Show präsentierte Bill Gates am 22. Mai 1990 im New York City Center das neue Windows 3.0. Mit viel Pomp und technischen Features wollte er die Schwächen der Vorgänger vergessen machen und endlich im Bereich der DOS-basierten Grafikinterfaces Fuß fassen. Vor allem im Businessbereich wurde eine eine GUI gesucht, die das Potenzial hatte, Standards zu setzen und damit verschiedene Speziallösungen zu einem System zu vereinen – genau das lieferte nun Microsoft mit Windows 3.0. Schließlich waren endlich die PC-Systeme leistungsfähig genug, um auch unter MS-DOS eine zeitgemäße, grafische Benutzerführung zu ermöglichen. Fachpresse und Firmenentscheider waren gleichermaßen euphorisiert.

Windows 3.0 (7 Bilder)

das unspektakuläre Startbild von Windows 3.0

Waren die Vorgängerversionen noch meilenweit von einem ernsthaften Markterfolg entfernt, verkaufte sich Windows 3.0 vom Start weg glänzend und leitete den Durchbruch von Windows in diesem Segment ein. Ermöglicht wurde das durch eine bessere Menüführung, erweiterte Netzwerkfähigkeiten und einem kooperativen Multitasking: Nun war es endlich möglich, mehrere Programme gleichzeitig zu nutzen, sofern keines davon durch schlampige Programmierung das Multitasking aushebelte oder gar gewollt die volle Aufmerksamkeit des Rechners erzwang.

Außerdem erkannte Windows Programme und kopierte sie automatisch in den Programm-Manager und es ließ sich mit einer einheitlichen Version in einem Dialogsystem konfigurieren, während die Vorversion noch in vielen verwirrenden Varianten für verschiedene Systeme verkauft wurde. Windows gewährleistete das in drei Modi:

  • dem Realmodus, womit in erster Linie die Kompatibilität zu Windows 2.x gewährleistet wurde,
  • dem Standardmodus für 286/386-Systeme, mit dem das System die berüchtigte Speichergrenze von 640 KByte überwinden konnte,
  • sowie dem erweiterten Modus für 386-PCs mit mindestens 1 MByte Speicher, welcher Windows unter anderem über eine Auslagerungsdatei mehr Speicher bereitstellte, als es der Hauptspeicher hergab.

Ende 1991 erschien mit Windows 3.0 Multimedia 1.0 zudem erstmals ein Windows ausschließlich auf CD-ROM und mit Soundkarten-Unterstützung. Dafür fiel wiederum die Abwärtskompatibilität durch den Real-Modus weg. Windows 3.0 verkaufte sich rund 10 Millionen Mal, davon die erste Million bereits nach vier Monaten. Hierzulande lag der Verkaufspreis bei 587 DM, für ein Update waren 148 DM fällig.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Windows 3.0 schlug ein wie eine Bombe – dabei sah es wenige Jahre vorher gar nicht so aus, als dass es überhaupt kommen würde, schließlich verkauften sich die bisherigen Windows-Versionen eher mäßig und mit OS/2 arbeiteten die Redmonder und IBM zusammen an einer Alternative.

Aufgrund verschiedener Zielsetzungen beider Konzerne verlief die Kooperation allerdings eher leidlich: IBM legte mehr Wert auf die Unterstützung der eigenen Rechnerlinien wie der PS/2-Reihe, während Microsoft es auf den gesamten PC-Markt abgesehen hatte. Da sie zudem über Arbeitsmethodiken und Spezifikationen permanent aneinandergerieten, forcierte Microsoft ab 1989 die Entwicklung von Windows 3.0 und stellte die Zusammenarbeit an OS/2 endgültig ein, als es sich 1991 abzeichnete, dass das neue Windows zum Verkaufsschlager wird.

Die Erfahrungen, die die Redmonder in dieser Zusammenarbeit sammelten, flossen später in die Entwicklung von Windows NT. Zudem verschaffte sich Microsoft einen strategischen Vorteil mit seinen Office-Anwendungen wie Word und Excel, da die Konkurrenz sich mit vergleichbaren Anwendungen vor allem auf OS/2 konzentrierte und Microsoft selbst die mit Windows 3.0 erzeugte Nachfrage nur kurze Zeit später mit eigenen Officeprodukten bedienen konnte, während die anderen Hersteller die Tools erst mühsam portieren mussten.

Windows 3.0 - Blick ins Archiv der c't (5 Bilder)

"Erster Eindruck von Windows 3.0" in c't 7/90

Der Verkaufserfolg von Windows 3.0 ließ auch Apple hellhörig werden: Novell, die 1991 mit DR-DOS einen direkten Konkurrenten von Microsofts MS-DOS erwarben, suchten mit Apple nach einem Verbündeten, um gegen Microsoft anzutreten. Sie wollten ursprünglich mit eben jenem DOS-Kern und in Verbindung mit GEM als Grafikoberfläche ein Betriebssystem gegen Windows in Stellung bringen. Nebenbei wollte Novell durch Einbeziehung von Apple eine mögliche Klage gegen GEM vermeiden, wie bereits 1985 geschehen.

Dem damaligen Apple-CEO John Sculley und seinem Vizepräsident Roger Heinen kam die Idee gerade recht: Für sie bot Windows 3.0 zwar noch immer eine umständliche Grafikoberfläche und war Apples System 7 weit unterlegen, doch waren die Windows-Rechner billiger, sodass sie befürchteten, an den Rand gedrängt zu werden. Novell und Apple holten sich zusätzlich Intel ins Boot, deren CEO nicht ausschließlich von Microsoft und IBM abhängig sein wollte. Im Februar 1992 schufen sie ein streng geheimes Projekt mit dem klingenden Decknamen "Star Trek": Erstes Ziel war keine Fünfjahresmission, sondern ein lauffähiger Prototyp des Apple-Betriebssystems auf einem PC bis spätestens Ende 1992, was auch gelang: Entsprechenden Quellen zufolge soll Apples Vorstand verblüfft gewesen sein, den Finder und QuickTime auf einem 486er zu sehen.

Dennoch war bereits 1993 mit "Star Trek" wieder Schluss: Einerseits war Microsoft mit den bei Windows 3.0 eingeführten Exklusivverträgen mit PC-Herstellern für ein vorinstalliertes Betriebssystemen erfolgreich – Apples Vorstoß stieß hingegen weitgehend auf taube Ohren, da es damit quasi ein von Microsoft bereits bestelltes Feld beackern wollte. Andererseits verließen mit John Sculley als CEO und Vizepräsident Roger Heinen die beiden größten Verfechter der Idee das Unternehmen, letzterer ironischerweise Richtung Microsoft. Der neue Apple-Chef Michael Spindler hatte keinerlei Interesse daran, Apples neuer PowerPC-Generation eine kostengünstige Konkurrenz aus dem eigenen Hause entgegenzustellen.

Für Windows-Verhältnisse war Version 3.0 ein großer Wurf, aber trotzdem noch meilenweit entfernt von den GUI-Platzhirschen wie Commodore Amiga und eben Apple Macintosh. Außerdem lief es auch auf gut ausgestatteten Rechnern relativ zäh und mitnichten stabil, was viele Firmen zögern ließ, von OS/2 umzusteigen. Daher erschien 1992 mit Windows 3.1 eine runderneuerte Version, die noch weit erfolgreicher wurde.

Siehe dazu auch:

(vza)