Drohnenabwehr über Strafanstalten

Das System "Oerlikon Radshield" überwacht mit Radarsensoren und Spezialkameras Luftraum und Mauern von Haftanstalten.

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Von
  • Tom Sperlich

Unbemannte Flugsysteme machen immer häufiger den Himmel über Europa unsicher. Gar nicht in ihrem Luftraum sehen wollen zum Beispiel Strafanstalten die Fluggeräte. Drohnen stellen für Gefängnisse auf der ganzen Welt jedoch zunehmend ein Problem dar: Sie werden für den Schmuggel von Smartphones, Drogen oder gar Waffen eingesetzt. Auch die Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg blieb nicht davon verschont. Ihr Direktor Marcel Ruf kennt mehrere Fälle, bei denen Fluggeräte über Gefängnissen gesichtet wurden. Deshalb entschied er sich, seine Anstalt mit rund 200.000 Schweizer Franken vor den Drohnen zu schützen.

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Die Anlage namens "Oerlikon Radshield" stammt vom Rüstungskonzern Rheinmetall Defence. Sie basiert auf einem Set von Radarsensoren mit einer maximalen Reichweite von 200 Metern. Jeweils vier Sensoren sind gemeinsam mit Spezialkameras auf Masten rund um die Gefängnismauern verteilt und spannen so einen Überwachungsschirm auf. Bis hinab zu einer Größe von sieben Zentimetern ortet Radshield jedes Objekt, das in den überwachten Raum eindringt. Erkannt werden also auch über die Mauer geworfene Gegenstände. Bei sehr kleinen Objekten beträgt die Reichweite des Systems jedoch nur rund 70 Meter. Sobald sie ein Flugobjekt ortet, löst die Anlage Alarm aus und präsentiert dem Wachpersonal ein Videobild des beobachteten Vorfalls.

Anfangs hatte Rheinmetall noch viel damit zu tun, die Software zu kalibrieren. Dauernd lösten Vögel Fehlalarm aus. Während sich Tauben oder Spatzen rasch erkennen lassen, "ist die Unterscheidung zwischen einem Raubvogel und zum Beispiel einem Modellflieger schwieriger", berichtet Direktor Ruf. "Bei einer bestimmten Thermik haben beide ein sehr ähnliches Flugmuster. Einen Starrflügler kann man durchaus als Bussard tarnen, nur dass er nicht so raubvogelmäßig seine Kreise von oben nach unten und zurück fliegt."

Dringt eine Drohne ein, kann das Sicherheitspersonal sie bis zu einer Höhe von 30 Metern zu Boden bringen. Dafür stehen zwei "Dropster" genannte Netzpistolen bereit. Die Firma Droptec aus Chur hat das System in Zusammenarbeit mit der Polizei des Kantons Graubünden entwickelt, erstmals in Einsatzbereitschaft war es beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos. Mit einer Platzpatrone wird dabei ein gefaltetes Netz abgeschossen. Das Netz öffnet sich nach kurzer Distanz, legt sich dank seiner vier Gewichte an den Eckpunkten über das unbemannte Flugobjekt und blockiert seine Rotoren.

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Für Ruf hat sich die Installation gelohnt, wenn auch aus einem anderen Grund als dem eigentlich geplanten. Denn bislang musste das Sicherheitspersonal noch keine Drohne abschießen. "Die Insassen haben die Installation ja auch bemerkt", sagt er. Deshalb scheint niemand den Versuch zu unternehmen, eine Luftbrücke aufzubauen.

(bsc)