Bundesverwaltungsgericht prüft BND-Überwachung

Das Bundesverwaltungsgericht berät derzeit, ob umfassende Datenausleitungen vom Internetknoten an den Bundesnachrichtendienst rechtmäßig ist. Überrschand erging noch in der Nacht das Urteil.

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BND, Bad Aibling
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Von
  • Tim Gerber

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Mittwoch zweieinhalb Stunden über die Klage des Betreibers des Deutschen Internetknoten-Betreibers De-CIX gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) verhandelt. De-CIX hatte sich mit einer Klage gegen die Inanspruchnahme durch den Bundesnachrichtendienst (BND) im Rahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung nach dem G10-Gesetz gewandt Dieses Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses soll den BND berechtigen, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen. Bei dieser sogenannten strategischen Telekommunikationsüberwachung werden E-Mails in bestimmten Übertragungswegen bezogen auf vorgegebene Gebiete anhand vorher festgelegter Suchbegriffe durchsucht. Treffer prüft der Nachrichtendienst dann auf seine Relevanz.

Der 6. Senat des Bundesverwatungsgerichts in Leipzig hat über die strateische fernmeldeüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst in erster und letzter Instanz zu entscheiden.

Auf Grundlage des G10-Gesetzes und einer Anordnung des Bundesinnenministeriums hatte der BND den Knotenbetreiber im Sommer 2016 aufgefordert, bestimmte Internet-Datenströme an den Dienst weiterzuleiten. Dagegen hatte De-CIX vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben; das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig ist für Klagen gegen den BND in erster Instanz zuständig. Zur Begründung machte De-CIX geltend, dass Daten aus einem rein inländischen Netzknotenpunkt erhoben würden und auch rein inländischer Telekommunikationsverkehr ausgewertet werde.

Dabei ermächtige Paragraf 5 des G10-Gesetzes nur die Überwachung von internationalen, also grenzüberschreitenden Telekommunikationsbeziehungen. Zudem erhebe der BND den Datenverkehr eines bestimmten Ports vollständig ohne die gesetzlich vorgesehene quantitative Beschränkung auf 20 Prozent. Obendrein sei die gesetzliche Ermächtigung des Paragrafen 5 verfassungswidrig. Außerdem monierte der Kläger, Ausländer seien in dem Gesetz schlechter gestellt, das verstoße gegen europarechtliche Diskriminierungsverbote.

In der mündlichen Verhandlung betonten die De-CIX-Vertreter zudem, gar nicht der richtige Adressat für die Überwachungsbedürfnisse des Nachrichtendienstes zu sein. Der wolle nur "im größten Teich fischen", illustrierte der De-CIX-Anwalt mehrmals. Der Knoten vermittle schließlich vorwiegend rein inländischen Verkehr. Die Überwachungskompetenzen des BND beschränkten sich jedoch auf die Auslandskommunikation. Folglich müsse der Dienst die Übertragungswege der Internetprovider ins Ausland abhören und dürfe nicht den kompletten Datenstrom am Netzknoten im Inland überwachen.

Eine Entscheidung des Gerichts noch am heutigen Abend ist eher unwahrscheinlich. Es könnte auch lediglich den Termin für die spätere Verkündung seines Urteils bekannt geben. Klagen einzelner Betroffener sowie der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RoG) waren bislang vor dem Gericht gescheitert, weil die Kläger nicht nachweisen konnten, tatsächlich von der Überwachung betroffen zu sein. RoG hat deshalb inzwischen den Europäischen Menschrechtsgerichtshof (EGMR) angerufen.

[Update 31.05.2018, 07:41]:

Überraschenderweise hat das Gericht noch in der Nacht sein Urteil vorgelegt: Der BND darf weiterhin in großem Umfang Daten beim Internet-Knoten De-CIX abzapfen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies die Klage des Betreibers von De-CIX gegen den BND ab. Der Betreiber könne verpflichtet werden, bei der strategischen Fernmeldeüberwachung durch den BND mitzuwirken, betonte der 6. Senat in seiner Urteilsbegründung. Der Geheimdienst sei berechtigt, auf Anordnung des Bundesinnenministeriums internationale Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen. Zur Urteilsverkündung gegen 22:30 Uhr waren weder die Klägerin noch die Beklagte anwesend. Das Bundesverwaltungsgericht ließ keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu. (tig)