No-Spy-Konferenz: Zur Lage der überwachten Nation

Am 15. Juni beginnt in Stuttgart die 7. No-Spy-Konferenz. Thomas Christinck, einer der Organisatoren, sagt im Interview: Mehr digitale Selbstverteidigung ist nötiger denn je.

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7. No-Spy-Konferenz: Lage der überwachten Nation
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die 7. Stuttgarter No-Spy-Konferenz widmet sich ab dem 15. Juni erneut dem Geschäft mit der Überwachung und den Werkzeugen zur digitalen Selbstermächtigung. Ein "digitaler Realitätsabgleich" für Ernest Clines kürzlich verfilmte Dystopie "Ready Player One" macht den Auftakt zur Konferenz.

Lässt sich über das schier ungebremste staatliche Abhören und die alltägliche Manipulation durch private Datensammler noch etwas Neues sagen? Thomas Christinck, einer der Organisatoren der Konferenz, die halb mit klassischen Vorträgen, halb als Barcamp bestritten wird, meint: Mehr Aufklärung und Techniken zur digitalen Selbstverteidigung sind nötiger denn je.

heise online: Eine No-Spy-Konferenz wirkt irgendwie fast schon anachronistisch in einer Zeit, in der deutsche Richter die Rundumüberwachung am deutschen Netzknoten Decix für völlig okay halten. Kann eine solche Konferenz überhaupt noch mehr als Klagen über die "Lage der Nation", die Richard Stallmann von der Free Software Foundation aufs Korn nimmt?

Thomas Christinck: Das Decix-Verfahren ist das beste Beispiel dafür, dass klar gemacht werden muss, unser eigener Auslandsgeheimdienst beobachtet eben nicht nur das Ausland. Also, ja, wir müssen Gesellschaft, Politik und auch Technik mehr informieren, aufklären und auch zusammenbringen. Wir unterscheiden bei der No-Spy-Konferenz übrigens gar nicht so sehr zwischen staatlichem und privatem Datensammeln. Den Datenhandel unserer Meldeämter haben wir ebenso im Blick wie Google oder Facebook, das durch den Cambridge-Analytica-Skandal in aller Munde ist.

heise online: Stellen Sie inzwischen nicht eine gewisse Resignation bei Bürgern fest – und vielleicht auch bei den Machern einer solchen Konferenz?

Thomas Christinck: Mit Snowden wurde die Konferenz groß, weil es täglich neue Enthüllungen gab. Aber gerade da haben wir rasch eine Ermüdung beobachtet. Viele meinen, dass sie nicht persönlich betroffen seien, oder zumindest in der Masse der Überwachten untergehen. Daher brauchen wir die Debatte. Das Interesse von Datenschützer, Security-Profis, Journalisten und der Politik war eigentlich immer da. Saskia Esken, die zu unseren wieder kehrenden Gästen gehört, berichtet über die E-Privacy-Richtlinie und warum Politik funktioniert, wie sie funktioniert.

heise online: Was bietet die Konferenz den Resignierten und den Angriffslustigen?

Thomas Christinck: Wir haben einen Crypto-Workshop, Lösungen wie Nextcloud oder Social Network-Alternativen aus dem "Fediverse" wie Mastodon und dann natürlich Pretty Easy Privacy für sichere Mail. Für diejenigen, die etwas tun wollen – Stichwort digitale Selbstverteidigung – gibt es also eine ganze Reihe von technischen Lösungen, die helfen sollen, die Kontrolle über die eigenen Daten zurückzugewinnen. Für uns als Konferenzmacher bleibt zentral: die Technik alleine kann es nicht richten. Selbst mit der besten Verschlüsselung – Metadaten gibt es immer. Und für die Resignierten? Ich glaube, die, die wirklich resigniert haben, kommen nicht zu so einer Konferenz. (tiw)