EU-Abgeordnete bekämpfen "Datenprotektionismus" im digitalen Binnenmarkt

Das Parlament befürwortet einen Verordnungsentwurf, wonach es keine Vorgaben dafür mehr geben soll, nicht-personenbezogene Daten national vorzuhalten.

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EU-Abgeordnete bekämpfen "Datenprotektionismus" im digitalen Binnenmarkt

(Bild: europarl.eu)

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Das in der EU verbriefte Recht auf Bewegungsfreiheit soll bald auch für Daten ohne Personenbezug gelten. So hat sich der federführende Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments am Montag für einen Verordnungsentwurf ausgesprochen, mit dem verbliebene Barrieren für den freien Datenfluss aus dem Weg geräumt werden sollen. Die vorgeschlagenen Regeln untersagen es Mitgliedsstaaten, die Speicherung oder jede Form der Verarbeitung nicht-persönlicher Daten in anderen Teilen der Gemeinschaft territorial einzuschränken oder ganz zu verbieten.

Derzeit gebe es zahlreiche Hindernisse für den freien Datenfluss, was den geplanten digitalen Binnenmarkt behindere, beklagen die Abgeordneten. Aufsichtsstellen im Finanzsektor, Auflagen für spezielle Bereiche wie anonymisierte Gesundheitsdaten oder breite Beschaffungsvorgaben für den öffentlichen Sektor erforderten es derzeit beispielsweise oft, dass Informationen lokal vorgehalten werden müssten. Das soll sich nun bessern.

Ausnahmen soll es geben, wenn es die öffentliche Sicherheit gebiete. Solche verbleibenden Anforderungen müssten der EU-Kommission mitgeteilt und online veröffentlicht werden, um Transparenz zu gewährleisten. Befugte Behörden sollen EU-weit etwa zur Strafverfolgung oder zu Kontrollzwecken auf die von der Verordnung erfassten Daten zugreifen können, etwa durch einfachere Instrumente zur Rechtshilfe. Professionellen Nutzern von Datendiensten will es das Parlament über Vereinbarungen mit Providern erleichtern, den Anbieter zu wechseln und im verhältnismäßigen Rahmen Informationen mitzunehmen. Wenn Datensätze sowohl nicht-personenbezogene Messwerte als auch persönliche Informationen beinhalten, sollen für letztere die Bestimmungen aus der Datenschutzgrundverordnung gelten.

Die parlamentarische Berichterstatterin Anna Maria Corazza Bildt (EVP), lobte den Beschluss als wichtigen Schritt, "um den Datenprotektionismus zu reduzieren". Dieser gefährde die Digitalwirtschaft. Der freie Datenfluss innerhalb der Gemeinschaft werde das Bruttosozialprodukt genauso stark erhöhen wie die jüngsten beiden Handelsabkommen der EU mit Kanada und Südkorea. Vor allem Künstliche Intelligenz, Cloud Computing und Big-Data-Analysen profitierten von dem Vorhaben. Der Wirtschaftsverbund Digital Europe, dem viele Internetkonzerne angehören, begrüßte die Entscheidung ebenfalls. Diese werde auch "die Europäer enger zusammenbringen".

Der Ausschuss billigte mit 28 zu drei Stimmen auch das Mandat für die federführenden Abgeordneten, in die "Trilogverhandlungen" über den Abschluss des Dossiers mit dem Ministerrat und der Kommission einzutreten. Letztere hatte den ursprünglichen Vorschlag gemacht. Diskussionsbedarf wird es in den Gesprächen vor allem noch an einem Punkt geben: Der Rat unterstützt das Vorhaben zwar auch prinzipiell. Er will es Behörden aber ermöglichen, in Eigenregie ohne externe Dienstleister Daten zu verwalten oder Rechenzentren national zu betreiben. Vor allem das hiesige Bundesinnenministerium setzt sich für breite Ausnahmen von den Vorgaben für die öffentliche Verwaltung ein. Sollte es damit nichts werden, stünde die geplante "Bundescloud" in den Sternen. (anw)