Google als Ghostwriter
Die E-Mail-App Gmail kann mit der "Smart Compose"-Funktion nun erraten, was ein Nutzer sagen will. KI soll es möglich machen.
(Bild: Google)
Die Menschheit wird bekanntermaĂźen immer fauler, natĂĽrlich auch bei der Arbeit an Computer und Handy.
Nun soll Googles beliebter E-Mail-Dienst Gmail, in dem Privatpersonen wie Firmen häufig ihre gesamte elektronische Post verarbeiten, Nachrichten quasi von selbst schreiben können, wie der Konzern wirbt – zumindest theoretisch.
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Entwickelt wurde die Funktion von der Abteilung fĂĽr KĂĽnstliche Intelligenz des Suchriesens, die sich seit langem bemĂĽht, mehr produktive Dinge mit den von Nutzern gewonnenen gigantischen Datenmengen anzustellen. Das fĂĽhlt sich manchmal allerdings etwas merkwĂĽrdig an. Und das ist bei Google nicht das erste Mal: So testet der Konzern mit Duplex aktuell beispielsweise eine Funktion, bei der ein Rechner Tische in Restaurants mittels Sprachausgabe und Spracherkennung buchen kann. Er klingt dabei erstaunlich menschlich und setzt sogar "Hmms" und "Umms" ein, um menschlicher herĂĽberzukommen.
Hallo Mama oder hallo Monika?
Ganz so krass ist das neue Gmail-Feature allerdings nicht, sie arbeitet zudem auch nur schriftlich. In der Praxis funktioniert die frische Funktion so: Tippt man beispielsweise "Hallo M" ein, ergänzt Gmail etwa "Monika", sollte ein solcher Name im Adressbuch stehen – oder auch "Mama". Ist der Vorschlag in Ordnung, drückt man die Tab-Taste, und der Begriff wird eingefügt. Die Funktion nennt sich "Smart Compose" und beruht auf bereits geschriebenen Inhalten sowie auf künstlicher Intelligenz. Sie geht weit über die gewöhnliche Textergänzung auf Basis eines Wörterbuchs hinaus, behauptet Google.
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Bei der Vorstellung auf der Hausmesse des Konzerns, der I/O, gelang es Gmail mit der neuen Funktion recht überzeugend, eine Einladung zu einem Taco-Essen zu formulieren. Bei unserem Test erschien die Funktion allerdings noch derart nicht ausgereift. Ob man mit "G" wirklich "Good Afternoon" meint, obwohl es bereits Abend ist? Soll eine Mail an den Chef wirklich eine Geburtstagseinladung werden? Manchmal fällt Gmail auch gar nichts ein, dann bleibt der Vorschlag leer. Das ist für den Nutzer frustrierend.
Inhalte aus frĂĽheren E-Mails
Oft genug kommt einem die Funktion allerdings sogar gruselig vor – dann nämlich, wenn sie Inhalte aus früheren E-Mails hervorholt und einsetzt. So zeigt sich, was Google alles über uns weiß. E-Mail-Inhalte werden schon lange von dem Unternehmen gescannt und zu Werbezwecken verwendet, nur da merkt man das irgendwie nicht so deutlich wie mit der Smart-Compose-Funktion.
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Für alle eingeführt ist das Feature sowieso nicht. Es steht derzeit nur in englischer Sprache sowie in der Browser-Version von Gmail zur Verfügung, wenn man Betafeatures zulässt – man muss also amerikanisches Englisch als Google-Systemsprache einstellen, den "neuen Gmail-Look" aktivieren und in den Einstellungen die "Experimentalfunktionen" anklicken. Diese Option taucht allerdings nicht bei allen Nutzern auf – Google behält sich vor, Experimentalfunktionen jederzeit wieder zu deaktivieren. Wann Smart Compose für alle User verfügbar ist, bleibt abzuwarten.
(bsc)