WHO erklärt Computerspielsucht offiziell zur Krankheit

Die Weltgesundheitsorganisation nimmt Computerspielsucht in das ICD-11 auf, ihren neuen Katalog der Krankheiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 84 Kommentare lesen
PS4 Pro-Premieren-Event

(Bild: dpa, Rainer Jensen)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • dpa

Exzessives Computer- oder Videospielen gilt nach einem neuen Verzeichnis der Weltgesundheitsorganisation (WHO) demnächst als Krankheit. Gaming Disorder oder Computerspielsucht wird in den neuen Katalog der Krankheiten (ICD-11) aufgenommen, wie die WHO beschlossen hat, hinter Glücksspielsucht. Der Katalog erscheint am 18. Juni.

Der Psychologe Andy Przybylski von der Universität Oxford warnte mit rund 30 Kollegen vor dem WHO-Schritt. "Es besteht das Risiko, dass solche Diagnosen missbraucht werden", schrieben sie. Geprüft werden müsse, ob bei exzessiv spielenden Patienten nicht eher zugrundeliegende Probleme wie Depression oder soziale Angststörungen behandelt werden müssten.

Vladimir Poznyak vom WHO-Programm Suchtmittelmissbrauch sieht das ganz anders. "Es gibt klare Grenzen zwischen normalem Spielen und Spielsucht", sagt er der dpa. Im ICD-11 werden drei Kriterien genannt: entgleitende Kontrolle etwa bei Häufigkeit und Dauer des Spielens, wachsende Priorität des Spielens vor anderen Aktivitäten und Weitermachen auch bei negativen Konsequenzen.

"Spielsüchtig ist jemand, der Freunde und Familie vernachlässigt, der keinen normalen Schlafrhythmus mehr hat, sich wegen des ständigen Spielens schlecht ernährt oder sportliche Aktivitäten sausen lässt", sagt er. Dem Spieler mache es auch keinen Spaß mehr, aber er komme nicht davon los. "Ein Teufelskreis", sagt Poznyak. "Es betrifft vor allem junge Menschen."

"Wir finden es problematisch, wenn das Spielen pathologisiert und die Spieler stigmatisiert werden", sagt der Geschäftsführer des Verbands Game, Felix Falk. Der Verband deckt nach seinen Angaben mit rund 200 Mitgliedern wie Entwicklern und Grafikern mehr als 90 Prozent der deutschen Games-Branche ab. "Einige wenige Menschen spielen exzessiv und das ist problematisch", räumt er ein.

Nach einer Erhebung des Verbands Game spielen in Deutschland 34,1 Millionen Menschen Computer- und Videospiele, 46 Prozent der Bevölkerung. 14,3 Millionen seien unter 30 Jahre alt. Auf unter ein Prozent schätzt Falk den Anteil der Leute, die exzessiv spielen.

Der Katalog dient zum einen Ärzten als Hilfe bei der Diagnose. Zum anderen nutzen Krankenkassen ihn oft als Grundlage für Kostenübernahmen. Die 11. Auflage des Katalogs, International Classification of Diseases, muss formell noch von der Weltgesundheitsversammlung im kommenden Frühjahr abgesegnet werden. Das gilt als Formalität. Der Katalog enthält tausende Krankheiten. Die 10. Auflage stammte aus dem Jahr 1992, ist aber ständig aktualisiert worden. (axk)