EU-Copyright-Eklat: Dorothee Bär und Netzpolitiker gegen Upload-Filter

Die netzpolitischen Vereine der Parteien haben die deutschen EU-Abgeordneten aufgefordert, gegen Upload-Filter und Leistungsschutzrecht zu stimmen.

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Dorothee Bär

Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) stellt sich mit den Netzpolitikern der CDU, SPD und FDP gegen die EU-Pläne.

(Bild: dpa, Andreas Gebert/Archiv)

Lesezeit: 4 Min.
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Axel Voss (CDU), Berichterstatter für die umkämpfte Position des Rechtsausschusses des EU-Parlaments zur EU-Copyright-Reform, bekommt Widerstand aus den eigenen Reihen. Am Freitag haben die den Parteien nahestehenden netzpolitischen Vereine in einem offenen Brief an alle deutschen EU-Abgeordneten appelliert, im Lauf der kommenden Woche gegen die geplanten Upload-Filter und das fünfjährige Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet zu stimmen und so die Empfehlung aus dem federführenden Parlamentsgremium abzulehnen.

Das Schreiben ist als erstes unterzeichnet von der Staatssekretärin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, die hier in ihrer Funktion als Vorsitzende des Vereins CSUnet auftritt. Daneben prangen die Unterschriften von Sprechern oder Vorsitzenden vom cnetz (CDU), D64 (SPD) und Load (FDP). Die Autoren sprechen selbst von einer “ungewöhnlichen Allianz”, die sich zusammengefunden habe, um ihre “großen Bedenken“ hinsichtlich der EU-Copyright-Pläne auszudrücken.

Der Schutz des Urheberrechts und eine angemessene Beteiligung von Journalisten an Erträgen im Internet „sind selbstverständlich auch für uns wichtige Anliegen“, beteuern die Verfasser. Doch die von der EU-Kommission erarbeiteten und im Rechtsausschuss verabschiedeten Instrumente würden „diese Ziele nicht nur verfehlen, sondern zudem enorme Kollateralschäden mit sich bringen“. So wären Upload-Filter „in hohem Maße gefährdend für die freie Meinungsäußerung“.

Weitergehende Initiativen von Frankreich und dem deutschen Bundesinnenministerium zeigten bereits die nächste Stufe, warnen die Digitalexperten der vier Parteien. Es drohe ein Regime von Filtermechanismen, das für die Allgemeinheit nicht mehr nachvollziehbar sei und mit dem „missliebige Meinungsäußerungen unerkannt aus den Plattformen verbannt werden können“. Ein solches Instrumentarium sei gerade angesichts der bereits verhängten Schranken für die Pressefreiheit in einigen europäischen Staaten „brandgefährlich“ und „aus rechtsstaatlicher Hinsicht höchst problematisch“.

Beim Leistungsschutzrecht erinnern die Digitalpolitiker die Abgeordneten daran, dass dieses hierzulande seine Ziele verfehlt und „Monopolanbieter“ gestärkt, „aber eben nicht zu einer angemessenen Vergütung von Kreativen geführt“ habe. Die Kontroll- und Durchsetzungskosten überstiegen dabei den wirtschaftlichen Rahmen, eine vermehrte Nachfrage auch nach bezahlten Informationsleistungen sei ausgeblieben. Insgesamt gebe es eine breite Allianz aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Gründerszene gegen die Initiative aus Brüssel, die auch nicht mit dem Koalitionsvertrag vereinbar sei. Die EU dürfe nicht die Verunsicherung und den Unmut weiter vergrößern, die das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung in manchen Kreisen verursacht habe.

Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) hat parallel einen Aktionsplan veröffentlicht , wie zunächst mit Hilfe der Nutzer der Beschluss des Rechtsausschuss noch gekippt und anschließend Änderungen an dem Dossier festgezurrt werden könnten. Der europäische Handelsverband Edima empfiehlt, vor allem den Druck auf den Vorsitzenden der europäischen Sozialdemokraten, den Deutschen Udo Bullmann, zu erhöhen, da die Fraktion ihr Abstimmverhalten noch nicht festgelegt habe.

Für erneute Unruhe sorgt derweil die Abschlusserklärung des Europäischen Rats vom Donnerstag, die sich prinzipiell für Upload-Filter ausspricht. Darin begrüßen die Spitzen der Mitgliedsstaaten einschließlich der Bundesregierung eine geplante Gesetzesinitiative der Kommission “zur Verbesserung der Erkennung und Entfernung von Inhalten„, die zu “Hass und zu terroristischen Handlungen anstiften". Es geht dabei zwar nicht ums Urheberrecht, sondern anderen illegalen Content, aber das Instrumentarium soll das Gleiche sein.

Der eco-Verband der Internetwirtschaft warnt daher vor einer drohenden weiteren gesetzlichen Pflicht zum Einbau von Upload-Filtern: „Eine proaktive Überprüfung sämtlicher Inhalte durch die Provider bedeutet nicht nur eine Abkehr von den Prinzipien der E-Commerce Richtlinie, sondern stellt durch den Aufbau einer Zensurinfrastruktur auch eine Gefahr für die Meinungsfreiheit im Netz dar“, unterstreicht der Verband.

CDU-Digitalpolitiker Thomas Jarzombek zeigte sich auf Twitter “fassungslos“, dass offenbar das Bundesinnenministerium den Passus pro Upload-Filter in die Gipfelerklärung hineinverhandelt habe. “Das ist inakzeptabel“, monierte auch die SPD-Netzpolitikerin Saskia Esken. Einen Minister, der auf EU-Ebene gegen die Abmachungen des Koalitionsvertrags handele, “muss die Bundeskanzlerin entlassen“.

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