EU-Copyright & Upload-Filter: CDU/CSU-Netzpolitiker unter Beschuss

Rechtspolitiker der CDU/CSU-Fraktion stellen sich gegen die Digitalexperten in den eigenen Reihen. Verleger wittern "Manipulation".

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EU-Copyright & Upload-Filter: CDU/CSU-Netzpolitiker unter Beschuss

(Bild: EU-Kommission)

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Durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht im Streit um die anstehende Entscheidung im Plenum des EU-Parlaments über die Urheberrechtsreform ein massiver Riss. Am Freitag hatten zunächst Netzpolitiker der Union wie Digitalstaatssekretärin Dorothee Bär (CSU) und Thomas Jarzombek (CDU) zusammen mit Kollegen aus SPD und FDP an die deutschen EU-Abgeordneten appelliert, am Donnerstag gegen die geplanten Upload-Filter und das fünfjährige Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet zu stimmen und die anderslautende Vorlage aus dem Rechtsausschuss abzulehnen. Doch die Retourkutsche aus anderen Lagern der Unionsfraktion ließ nicht lange auf sich warten.

So haben mittlerweile die Rechtspolitiker von CDU und CSU die Mitglieder der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament gebeten, die Vorlage zu befürworten. Sie stärken damit dem Berichterstatter Axel Voss (CDU) den Rücken, demzufolge Online-Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten "angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen" ergreifen sollen, damit illegale Werke von vornherein dort nicht auftauchen.

Die Rechtsexpertin der CDU/CSU-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, und ihr Kollege Ansgar Heveling zeigten sich überzeugt, dass mit dem Beschluss des Rechtsausschusses ein "fairer Ausgleich zwischen den Rechten der Urheber einerseits und dem Informations- und Nutzungsinteresse der User anderseits erreicht wird". Die gegen Artikel 13 und die damit verknüpften Upload-Filter "drastisch vorgebrachte Kritik" entbehre jeder Grundlage. Große Plattformbetreiber, "deren Geschäftsmodell die Speicherung und Veröffentlichung von urheberrechtlich geschützten Material ist", müssten "stärker in die Verantwortung genommen werden". Auch das in Artikel 11 vorgesehene Presseleistungsschutzrecht sorge für eine ausgewogene finanzielle Beteiligung der Verleger "an ihren Werken". Diese erbrächten "eine wichtige redaktionelle Leistung" und bildeten "die Grundlage für Qualitätsjournalismus".

Schärfere Worte finden Lobbygruppen der Verlage. Sie hängen sich vor allem an der Ansage der Netzpolitiker auf, dass im schwarz-roten Koalitionsvertrag keine Unterstützung für ein EU-Leistungsschutzrecht vereinbart sei. "Die einseitige und unzutreffende Argumentation von Frau Bär und Herrn Jarzombek ist ein Schlag ins Gesicht der freien Presse", wetterte Stephan Scherzer vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Es handle sich um einen "besonders unverfrorenen Manipulationsversuch, die EU-Parlamentarier auf der Grundlage unzutreffender Informationen zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zu veranlassen". Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) warf den Digitalpolitikern Lüge vor. Er habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) daher einen "Brandbrief" übergeben.

Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: "Im Urheberrecht unterstützen wir nachdrücklich eine zeitnahe Regelung zur Verlegerbeteiligung bei den Verwertungsgesellschaften und stärken die Position der Verleger auf europäischer Ebene durch eine eigene Rechtsposition." Denkbar ist bei einer solch vagen Formulierung etwa auch eine Art Vollmacht für Verlage, damit diese anstelle einzelner Zulieferer wie freie Journalisten gegen Urheberrechtsverstöße im Internet vorgehen könnten. Neben den Grünen hatten eine solche bereits federführende EVP-Politiker ins Spiel gebracht, bevor Voss das Ruder übernahm.

Laut ORF dürfte es im Plenum in Straßburg wohl keine Mehrheit mehr für die Empfehlung des Rechtsausschusses geben. Die Abgeordneten könnten ihre Position zur Urheberrechtsrichtlinie damit bis zum Herbst noch einmal überarbeiten. So würden die österreichischen EU-Abgeordneten aller fünf Fraktionen voraussichtlich geschlossen dafür stimmen, die Position der Rechtspolitiker nicht einfach durchzuwinken. Auch in den Reihen von EVP-Vertretern aus Schweden, Tschechien und Polen rumore es. Die neue italienische Regierung lehne die Novelle völlig ab.

(anw)