Zonenalarm

Fahrverbote in Stuttgart in der Diskussion

In der heißgelaufenen Debatte rund um Schadstoffe in der Luft werden Erfolge gegen die hohe Luftverschmutzung oftmals übersehen. Im Stuttgarter Landtag wird erbittert gestritten, ob auch Euro-5-Diesel mit Fahrverboten belegt werden

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  • dpa
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Das Neckartor in Stuttgart: Wann immer es in den vergangenen Jahren um Orte mit einer hohen Luftbelastung ging, war dieser Ort vorn mit dabei. In der heißgelaufenen Debatte rund um Schadstoffe in der Luft, die längst nicht nur aus Auspuffanlage von Dieselmotoren kommen, werden Erfolge gegen die hohe Luftverschmutzung oftmals übersehen. Stattdessen geht es um Fahrverbote für Diesel, die bis vor gut drei Jahren noch neu verkauft wurden. Im Stuttgarter Landtag wird genau darum erbittert gestritten. Fakten interessieren dabei offenbar nur noch am Rande.

CDU will Fahrverbote verhindern

Trotz gerichtlicher Aufforderungen wollen CDU-Politiker Fahrverbote für Euro-5-Diesel in Stuttgart weiterhin möglichst verhindern. CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart sagte der dpa, notfalls müsse das Thema per Rechtsbeschwerde zum Verwaltungsgerichtshof geklärt werden. Die Grünen lehnten das umgehend ab. FDP und SPD machten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der CDU in Sachen Fahrverbote geltend. Reinhart sagte, es gehe bei einem möglichen erneuten Gang vor Gericht insbesondere um die Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit solcher Fahrverbote. Ähnlich hatte sich CDU-Generalsekretär Manuel Hagel geäußert. Reinhart sprach sich für technische Lösungen aus, um die Luft in den Städten sauberer zu bekommen. Auch dürften sich die Autohersteller nicht länger Hardware-Nachrüstungen verschließen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart verlangte hingegen, dass sich die grün-schwarze Landesregierung auf einen Termin für Fahrverbote für Diesel-Autos der Abgasnorm Euro 5 in Stuttgart festlegt. Die plant bislang für Anfang 2019 nur Fahrverbote für Diesel, die maximal die Abgasnorm Euro 4 schaffen. Die mögliche Ausweitung auf Diesel mit der Abgasnorm Euro 5 will sie eigentlich von der Wirkung eines Luftreinhaltepaketes abhängig machen, das bis zur parlamentarischen Sommerpause Ende Juli beschlossen werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar 2018 entschieden, das Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind.

Handlungsdruck

Die grün-schwarze Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht deshalb unter Handlungsdruck. Es geht vor allem um die zu hohe Stickoxid-Belastung. Diesel-Autos gelten als eine Quelle. Im Stuttgart kommt die topografische Lage in einem Kessel erschwerend hinzu. Reinhart: „Bevor wir hunderttausende Autofahrer mit Fahrverboten überziehen, sind wir es ihnen schuldig, vorher alles zu versuchen, was technisch möglich ist, um die Stickoxid-Werte zu senken.“ Seine Fraktion wolle am Dienstag (10. Juli 2018) einige Ideen präsentieren, die Unternehmen entwickelt hätten. „Unter anderem werden wir einen Straßenbelag vorstellen, der Stickoxide aus der Luft bindet, sowie eine Lärmschutzwand, die ebenfalls die Stickoxid-Belastung nennenswert reduzieren kann“, sagte er. Technische Lösungen gebe es – sie seien auch einsatzbereit. „Und sie sind wirksam“, so Reinhart.

Auch funktionierende Hardware-Systeme zur Nachrüstung von Diesel-Autos gibt es seiner Meinung nach. Das Kraftfahrtbundesamt ist für die Zulassung solcher nachgerüsteten Fahrzeuge zuständig. Reinhart sieht da aber kein Hindernis. „Das Kraftfahrzeugbundesamt will jetzt eine Datei erstellen, in die bundesweit alle Fahrzeuge mit Nachrüstung aufgenommen werden sollen.“ Damit sei nun die Autoindustrie am Zug. „Die Autohersteller schreiben Rekordgewinne. Dieser Erfolg verpflichtet“, sagte Reinhart. „Wir wollen, dass die Konzerne die Verantwortung für ihre Produkte übernehmen.“