JEFTA: EU und Japan wollen Daten frei fließen lassen

Die EU und Japan haben sich darauf verständigt, die Datenschutzsysteme der jeweils anderen Seite als "gleichwertig" anzuerkennen.

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JEFTA: EU und Japan wollen Daten frei fließen lassen
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Am Rande der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens JEFTA haben die EU-Kommission und die japanische Regierung am Dienstag ihre Gespräche über ein beiderseits "angemessenes" Datenschutzniveau erfolgreich abgeschlossen. Sie wollen demnach die Datenschutzsysteme der jeweils anderen Seite als "gleichwertig" anerkennen. Dies soll die Voraussetzung dafür sein, dass auch personenbezogene Informationen zwischen der EU und Japan "sicher" fließen können.

Die von beiden Seiten geplante "Adäquanzentscheidung" in Bezug auf den Datenschutz geht weiter als der umstrittene "Privacy Shield" zwischen der EU und den USA. Erfasst werden sollen nämlich nicht nur Messwerte und Informationen, die zu gewerblichen Zwecken übertragen werden sollen, sondern auch der Bereich der Strafverfolgung. Auch hier wollen die Behörden der EU und Japans Daten austauschen unter der gegenseitigen Versicherung, dass bei all diesen Übermittlungen ein hohes Schutzniveau angewendet wird. Ein Deal der Kommission zum Datentransfer mit Kanada ist ebenfalls eingeschränkter als die neue Übereinkunft. Die Schutzbestimmungen in Ländern wie Andorra, Argentinien, Israel, Isle of Man, Neuseeland, Schweiz oder Uruguay hat die Brüsseler Regierungsinstanz dagegen als vollständig adäquat anerkannt.

Die Entscheidung für Japan ist allerdings noch an Bedingungen geknüpft. So hat sich Tokio nach Angaben der Kommission verpflichtet, vor dem formalen Beschluss zusätzliche Garantien zum Schutz der personenbezogenen Daten von Bürgern in der EU einzuführen. Dabei gehe es etwa um sensible Informationen wie politische Einstellungen oder sexuelle Vorlieben sowie die Bedingungen, unter denen EU-Daten aus Japan in ein anderes Drittland weitergeleitet werden können. Dazu komme die Zusage, dass Tokio die Rechte der Betroffenen "auf Zugang und Berichtigung stärken" wolle. Festgeschrieben sei auch ein spezielles Verfahren, über das Japan Beschwerden über den Zugriff nationaler Behörden von Europäern bearbeiten, untersuchen und aufklären werde. Über diesen neuen Mechanismus werde die unabhängige japanische Datenschutzbehörde wachen.

Durch die Angemessenheitsbeschluss wollen beide Seiten den "weltweit größten Raum für sichere Datenübertragung" schaffen. EU-Bürger kämen dabei in den Genuss von Regeln, die mit der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Einklang stünden. Unternehmen profitierten von einem "reibungslosen Datenverkehr mit diesem wichtigen Handelspartner sowie von einem privilegierten Zugang zu den 127 Millionen japanischen Verbrauchern". Man bekräftige mit der Übereinkunft, "dass die Förderung hoher Datenschutzstandards und die Erleichterung des internationalen Handels im digitalen Zeitalter Hand in Hand gehen".

Die geplante Übereinkunft zum Datentransfer ist nicht direkt Teil des parallel signierten "Wirtschaftspartnerschaftsabkommens" zwischen der EU und Japan, soll dieses aber "sinnvoll ergänzen". Sie wurde immer gemeinsam mit JEFTA verhandelt. Im Gegensatz zu den umkämpften und teils ausgebremsten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA enthält der Wirtschaftsvertrag mit Japan zudem keine direkte Klausel zu Investorenschiedsgerichten. Eine solche soll ebenfalls separat verabredet werden. JEFTA fällt laut Kommission so in den ausschließlichen Kompetenzbereich der EU und geht damit nicht in die Parlamente der Mitgliedsstaaten. Allein das EU-Parlament muss zustimmen.

Den Datenschutzbeschluss will die Brüsseler Regierungseinrichtung im Herbst formell annehmen. Zuvor muss das Kabinett ihn noch genehmigen und der neue Europäische Datenschutzausschuss Stellung nehmen, dessen Vorgänger den Privacy Shield mit den USA sehr kritisch sieht. Zudem soll der Ausschuss des EU-Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres unterrichtet werden. Steht die Übereinkunft, plant die Kommission eine erste Evaluation nach zwei Jahren. In Folge soll sie alle vier Jahre überprüft werden.

Der Dachverband Digital Europe, dem unter anderem der Bitkom angehört, zeigte sich enttäuscht, dass die Wirtschaftspartnerschaft mit Japan nicht selbst ein "breitere Bestimmung zum grenzüberschreitenden Datenflüssen" enthält. Dabei handle es sich um eine Schlüsselklausel für datengetriebene Volkswirtschaften des 21. Jahrhunderts. Die skizzierte Angemessenheitsentscheidung begrüßte die Lobbyvereinigung trotzdem. Insgesamt werde durch JEFTA die Zusammenarbeit im Bereich der Digitaltechnologien gestärkt über gemeinsame Aktivitäten rund um Forschung und Entwicklung, Standardisierung und Regulierungskooperationen. Dies sei eine gute Gelegenheit, eine führende Position bei Künstlicher Intelligenz und in der "Gesellschaft 5.0" aus Basis gemeinsamer Werte einzunehmen. (mho)