Zozo: Online-Shop für passende Kleidung per Smartphone-Scan

Das japanische Modelabel Zozo kommt nach Deutschland. Mit dem dehnbaren Zozosuit vermisst man sich per App und soll so stets passende Kleidung bekommen.

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Zozo App

Die Zozo-App erfasst Körpermaße für das Bestellen von Bekleidung im firmeneigenen Online-Shop.

(Bild: Michael Link)

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  • Michael Link
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Das japanische Unternehmen Start Today wird im August in Deutschland und in anderen 71 Ländern weltweit den Online-Store für die Marke Zozo eröffnen, bei der es keine Kleidergrößen mehr gibt. Stattdessen soll sich der Kunde zu Hause mit dem Smartphone scannen. Dazu bekommt man einen hauchdünnen, flexiblen dunklen Anzug („Zozosuit“) mit rund 300 Vermessungspunkten, jeder mit spezifischem Muster.

Bei einem Pressetermin in Hamburg führte der Firmenvorstand Masahiro Ito die Technik vor. Es dauerte knapp vier Minuten, bis ein Fotomodell von allen Seiten fotografiert und gescannt war. Die App führte dabei mit Sprachansagen durch den Prozess. Resultat ist ein 3D-Modell mit den nötigen Angaben für die Bestellung. Die App soll mit iOS- und Android-Smartphones funktionieren. „Die Kameraqualität ist natürlich wichtig, aber alle Smartphones aus den letzten zwei oder drei Jahren sind okay dafür“, betonte Ito.

Zum Vermessen muss man in einen speziellen Anzug schlüpfen, den Zozosuit. Er hat etwa 300 Messpunkte, anhand derer die Zozo-App die Körpermaße bestimmt. Firmenchef Masahiro Ito (rechts) führte das System in Hamburg vor.

(Bild: Michael Link)

Bereits im vergangenen Jahr gab es einen Vorläufer für den Anzug, der allerdings noch aktive Sensoren und eine Bluetooth-Verbindung zum Smartphone benötigte. Der neue ist dagegen rein passiv. Laut Ito werden gegenwärtig in Japan täglich zehntausend dieser extrem dehnbaren Anmessanzüge an potenzielle Kunden versendet; bei Instagram unter dem Hashtag #zozosuit finden sich bereits etliche posierende Witzbolde mit dem schwarzweiß gepunkteten Anzug, der an invertierte Dalmatiner denken lässt.

Nach dem Scan und der Bestellung kann es zwei Fälle geben. Üblicherweise passen die Körperdaten zu einer von insgesamt 10000 internen und bereits vorgefertigten Kleidergrößen. Für den Fall, dass die Proportionen nicht in das Raster vorgefertigter Größen passen, wird die Bestellung auf Maß gefertigt, was dann zwei bis drei Wochen dauern kann. Masahiro Ito: „Auf diese Weise kann jeder ein Kleidungsstück bekommen, das überall passt und man nicht nur deswegen beispielsweise ein größeres Hemd tragen muss, weil die Arme zu muskulös sind.“

Susanne Burger, die Geschäftsführerin von Start Today in Deutschland, war zuvor bei Zalando und zuletzt bei myToys. Das Zozo-Universum ist in Japan mit rund 25 Millionen Besuchern pro Monat etwa das, was hierzulande Zalando ist. Sie nannte bereits Preise: Eine Jeans im Online-Shop soll 59 Euro kosten, ein T-Shirt ab 22 Euro, mit Tasche 24 Euro. Zunächst startet die Firma mit Basic-Designs, die Auswahl soll nach und nach erweitert werden. Für eine schnellere Lieferung soll ein Warenlager in der Nähe von Berlin sorgen, aber hergestellt wird alles in China. Durch die Vorsortierung und Vorausfertigung von 10.000 der häufigsten Kombinationen von Abmessungen soll die Lieferzeit nicht länger sein als in üblichen Online-Shops. Ganz auf Maß geschneiderte Bekleidung - etwa Anzüge - sollen in zwei bis drei Wochen fertig werden.

Die bereits jetzt umfangreiche Sammlung von Körperscans soll nach Masahiro Ito nicht für Begehrlichkeiten von Datensammlern außerhalb zur Verfügung stehen. Denkbar wäre gewesen, dass beispielsweise Körperdaten unterschiedlicher Länder oder Altersgruppen miteinander verglichen würden. Laut Ito werden auch nur die 3D-Modelle, aber nicht die vom Kunden gemachten Fotos verwendet und auch nur diese für die eigentliche Produktion und zur Steuerung der Vorratsgrößen verwendet.

Wie Masahiro Ito sagte, sind etliche andere Modefirmen an der photogrammetrischen Scanning-Technik interessiert. Sie würde Retouren aufgrund der verbreiteten Bestellpraxis vermeiden, bei der häufig Kleidungsstücke in zwei oder drei Größen bestellt werden, aber bestenfalls eines davon behalten wird - ein gewichtiger Kostenfaktor für Online-Shops. (mil)