Verbraucherschutz warnt vor Tricks bei Vertragsabschlüssen am Telefon

Eine Untersuchung erhellt fragwürdige Vertriebsstrategien der Telekom-Anbieter. Verbraucher werden vielfältig getäuscht, dennoch sind die Verträge wirksam.

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Verbraucherschutz untersucht Tricks und Täuschungen bei Vertragsabschlüssen
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Inhaltsverzeichnis

Die Verbraucherschutz-Plattform "Marktwächter" der Verbraucherzentralen hat sich mit fragwürdigen Geschäftspraktiken im Telekommunikationsmarkt beschäftigt. Aufgrund der vielen Beschwerden von Verbrauchern über unklare und untergeschobene Vertragsabschlüsse sowie über unerwünschte Telefonwerbung und Haustürgeschäfte haben die Verbraucherschützer solche "auffälligen Vertriebsstrategien" näher untersucht und die Betroffenen befragt.

Die Marktwächter-Studie hat unter anderem ergeben, dass etwas mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) nicht wissen, ob sie einem Unternehmen die Einwilligung zu Telefonwerbung gegeben haben und ob die Kontaktaufnahme zulässig war – was an dem langen Abstand zwischen einer etwaigen Einwilligung und einem späteren Werbeanruf liegen kann. Auch bei Vertragsabschlüssen per Telefon gibt es erhebliche Ungereimtheiten: Jedem vierten Betroffenen etwa sei nicht bewusst, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat, und fast jeder zweite Verbraucher (49 Prozent) unterzeichnete schließlich einen Vertrag mit anderen Konditionen als den vom Verkäufer angekündigten.

Die Verkäufer gaben beispielsweise Fehlinformationen über den Zeitpunkt des Vertragsendes weiter – damit sollten Kunden zu neuen Vertragsabschlüssen bewegt werden. Verkäufer setzen hierbei auf die Unkenntnis der Kunden und verwenden offensichtlich Formulierungen, die Missverständnisse zum Vorteil des Anbieters provozieren, erläutert die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Bei der Untersuchung schilderten Verbraucher auch Fälle von untergeschobenen Verträgen bei persönlichen Gesprächen in Ladengeschäften von Telekommunkationsanbietern. So sollte etwa eine Unterschrift für die Durchführung des Beratungsgesprächs geleistet werden – tatsächlich jedoch wurde diese Unterschrift direkt für einen Vertragsabschluss missbraucht.

Der Verbraucher sei hier klar im Nachteil, erläutern die Verbraucherschützer, denn er müsse bei einem Rechtsstreit beweisen, dass von seiner Seite gar kein Vertragsabschluss gewollt sei. Die Unternehmen säßen hier am längeren Hebel, und Betroffene blieben schnell auf drei- bis vierstelligen Summen sitzen. Trotz Missachtung von Verboten sind derartig abgeschlossene Verträge bislang in der Regel wirksam.

In einer Umfrage zeigte sich außerdem, dass der überwiegende Teil der Befragten (80 Prozent) unaufgeforderte Telefonwerbung und Haustürgeschäfte als belästigend empfindet und Verbraucher mit dem Vertriebsverhalten der Anbieter nicht einverstanden sind. Beschwerden über unerwünschte Telefonwerbung haben auch bei der Bundesnetzagentur in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen.

Je nach dem, wo Verbraucher Ungereimtheiten bei einem Vertragsabschluss gemeldet haben, zeigen sich die Anbieter von Telekommunikationsdiensten unterschiedlich repräsentiert.

(Bild: Verbraucherzentrale Bundesverband / marktwaechter.de)

Als mögliche verbindliche Maßnahmen gegen solche und andere fragwürdige Geschäftspraktiken sind derzeit Verbesserungen des Verbraucherschutzes im Gespräch, bei denen Einwilligungserklärungen zeitlich befristet werden, telefonische Vertragsabschlüsse zur Wirksamkeit nachträglich der Textform inklusive ausdrücklicher Bestätigung des Kunden bedürfen und Verbrauchern allgemein ein nachträgliches Sonderkündigungsrecht eingeräumt wird. Unter der Bezeichnung "New Deal" wird auch auf europäischer Ebene über Änderungen beim Verbraucherschutz diskutiert.

Für ihre Untersuchung führte die Marktwächter-Plattform eine Umfrage unter 1216 Verbrauchern in Deutschland durch und führte außerdem mit 289 Personen qualitative Interviews. Die Marktwächter-Plattform der Verbraucherzentrale sammelt Erfahrungen der Verbraucher mit Anbietern der Bereiche Digitales und Finanzen und bietet auch Informationen dazu an.

(tiw)