#NotaBot: Aktionstag gegen geplantes EU-"Zensurheberrecht"

Am Sonntag sollen Massen von Netzbürgern ihren Protest gegen Upload-Filter und ein erweitertes Leistungsschutzrecht in ganz Europa auf die Straße tragen.

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#NotaBot: Aktionstag gegen geplantes EU-Zensurheberrecht

(Bild: saveyourinternet.eu)

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Die Petition Save the Internet haben bisher rund eine Million Online-Nutzer unterzeichnet und sich damit im Web gegen einen umstrittenen EU-Richtlinienentwurf zur Copyright-Reform ausgesprochen. Befürworter der Novelle aus dem Lager der Rechteinhaber behaupten aber, dass der Widerstand aus dem Netz von Bots generiert und von großen Internetkonzernen orchestriert worden sei.

Dass der Protest nicht echt sei, sollen Menschen am Sonntag nun "in ganz Europa widerlegen", wie die den Piraten angehörende Urheberrechtsexpertin der Grünen im EU-Parlament, Julia Reda, hoffnungsvoll schreibt: "Sie gehen am 26. August auf die Straße."

Parteien wie die Piraten und die Linken, parteinahe Institutionen wie der liberale netzpolitische Verein Load, Bürgerrechtsorganisationen, zivilgesellschaftliche Bündnisse und Einzelpersonen rufen zu Aktionen gegen die im Raum stehenden Upload-Filter und ein umfangreiches Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet nebst einer damit drohenden "Google-Steuer" auf. Eine Übersicht über die geplanten Protestkundgebungen unter dem Motto #1of1Million #NotaBot gibt es auf dem Portal SaveYourInternet.today.

Hierzulande ist etwa in Berlin am Sonntag um 15:00 Uhr eine Demo vom Brandenburger Tor zum Axel-Springer-Haus vorgesehen. Das dort sitzende Medienhaus unterstützt das skizzierte Leistungsschutzrecht massiv. Über den Tag verteilt sollen weitere Aktionen in Frankfurt am Paulsplatz, in Hamburg am Mönkebergbrunnen, in Karlsruhe am Stephansplatz, in Köln an der Domplatte, in München am Marienplatz und im Stuttgarter Zentrum stattfinden. Eine erste Kundgebung war bereits am Samstag am Mainzer Hauptbahnhof anberaumt.

Für Unmut sorgt derweil, dass die zentrale Kampagnenseite nach Recherchen etwa des Vereins Digitalcourage in den vergangenen Tagen "mindestens etliche Stunden in einer weit verbreiteten Spam-Blockliste" stand. "Offensichtlich wurde die Domain dem Blacklisten-Betreiber Spamhaus gemeldet", beklagen die Aktivisten. Man habe vorerst zwei einschlägige Filtereinträge löschen lassen können. Dennoch dürfte die E-Mail-Mobilisierung für den EU-weiten #SaveYourInternet-Tag erheblich beeinträchtigt worden sein.

Bittere Online-Ironie: Weil die Protest-Website saveyourinternet.today auf der Spamhaus-Blacklist landete, warnen manche Dienste vor ihr.

(Bild: Stefan Krempl / heise online)

Auch am Samstagnachmittag erhielten Nutzer etwa von web.de und gmx.de eine Warnung, wenn sie in E-Mails auf einen Link auf die Seite klickten: Man sei gerade dabei, ein Angebot zu öffnen, dass "wahrscheinlich schädliche Programme oder Inhalte enthält".

Für Digitalcourage macht der Fall deutlich, "welche Auswirkung Filtermechanismen im Internet auf Meinungs-, Presse- und Demonstrationsfreiheit haben können". Es sei anzunehmen, dass Einladungsmails von vielen Organisationen in Spamfiltern hängen geblieben seien. Es müsse dringend geklärt werden, wer das Kampagnenportal als Spamseite gemeldet habe. Den Abgeordneten sollten die Vorgänge ein warnendes Beispiel sein.

Das EU-Parlament lehnte Anfang Juli einen "Kompromissvorschlag" zur Urheberrechtsreform aus der Feder des CDU-Abgeordneten Axel Voss, den der federführende Rechtsausschuss zunächst befürwortet hatte, in einer Premiere im Plenum mit knapper Mehrheit ab. Am 12. September sollen die Volksvertreter nun darüber abstimmen, wie es mit dem Dossier weitergeht. Die Frist für die Vorlage neuer Änderungsanträge am ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission läuft bis zum 5. September. (tiw)