Gewalt in Myanmar: Facebook sperrt Armeechef und andere Accounts

Die Kritik an Facebooks Rolle in und dem Umgang mit den Verbrechen gegen die Rohingya in Myanmar reißt nicht ab. Nun reagierte der Konzern.

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Gewalt in Myanmar: Facebook sperrt Armeechef und andere Accounts
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Facebook hat weitere 20 Individuen und Organisationen aus Myanmar von der eigenen Plattform sowie von Instagram verbannt und ihre Seiten gesperrt, darunter auch die des Armeechefs Min Aung Hlaing. Gleichzeitig gesteht der US-Konzern ein, angesichts der Verbrechen gegen die muslimische Minderheit der Rohingya zu spät gehandelt zu haben. Damit reagiert Facebook auch auf einen Bericht der Vereinten Nationen zur Gewalt in Myanmar, in dem es unter anderem heißt: "Facebook war ein nützliches Instrument, um Hass zu verbreiten."

Die Diskussion um Facebooks Rolle in dem Konflikt in Myanmar ist nicht neu. Hunderttausende Rohingya wurden dort aus dem Land vertrieben, angeheizt durch Facebook-Einträge der Staatsführung und von ultra-nationalistischen Buddhisten, die massiv zu Hass und Gewalt gegen die muslimische Minderheit anstifteten. Mit deutlichen Worten hatte das im März UN-Beobachter Marzuki Darusman angeprangert.

Vor wenigen Tagen hatte dann die Nachrichtenagentur Reuters Ergebnisse einer Durchsicht von 1000 Facebook-Einträgen öffentlich gemacht. In einem seit 2013 einsehbaren Eintrag wurde unter anderem gefordert, gegen die Rohingya mit den Mitteln zu kämpfen, die "Hitler gegen die Juden" anwendete. Zumeist auf Birmanisch wird in den Einträgen gegen die Rohingya gehetzt, Facebook war aber nicht dagegen aktiv geworden.

Erst nach diesem Bericht machte Facebook öffentlich, dass lediglich 60 Birmanisch sprechende Kontrolleure für die rund 18 Millionen Nutzer zuständig sind. Das Unternehmen erklärte, man sei darauf angewiesen, dass unerwünschte Inhalte gemeldet werden und schob die Verantwortung damit den Nutzern zu. Gleichzeitig kündigte das Portal an, mehrere besonders berüchtigte Facebook-Profile zu sperren.

Mit den bislang wohl schärfsten Worten verurteilten die UN-Berichterstatter dann am vergangenen Freitag die "abstoßenden" und "schockierenden" Menschenrechtsverletzungen, von denen viele zweifellos zu den schlimmsten im internationalen Recht gehörten. In dem Bericht wird einmal mehr die Rolle von Facebook hervorgehoben, da das Netzwerk in dem Land quasi das Internet sei. Die Reaktion des US-Konzerns sei langsam und unwirksam gewesen.

Daraufhin sperrte Facebook weitere 18 Facebook-Accounts, ein Instagram-Konto und 52 Facebook-Seiten – denen insgesamt fast 12 Millionen Nutzer gefolgt seien. Allein Armeechef Min Aung Hlaing hatte mit zwei Accounts 1,3 und 2,8 Millionen Follower, schreibt die BBC. Erstmals hat mit ihm ein Armeechef seinen Facebook-Account verloren. Ein Sprecher der Regierung hat kritisiert, dass die Sperrungen ohne Absprache erfolgt sei. Man sei nun mit Facebook in Kontakt, um die Accounts zurückzubekommen.

Im mehrheitlich buddhistischen Myanmar werden die Rohingya seit langem diskriminiert und verfolgt, Bürgerrechte werden ihnen vorenthalten. Zuletzt hatte die staatliche Repression noch einmal massiv zugenommen und Hunderttausende Rohingya waren über die Grenze ins Nachbarland Bangladesch geflohen, wo riesige Flüchtlingslager entstanden sind. Im Herbst 2017 hatte UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra’ad Al Hussein erklärt, die Situation wirke wie ein Schulbuchbeispiel für "ethnische Säuberungen".

Myanmar war noch vor wenigen Jahren eines der Länder mit den wenigsten Internetnutzern überhaupt, bevor ein Demokratisierungsprozess einsetzte. Parallel dazu wurde die Telekommunikationsbranche dereguliert und die Zahl der Internetnutzer explodierte. Die öffneten zumeist direkt Accounts bei Facebook, da das Netzwerk alles auf einmal zu bieten schien und durch Kooperationen mit Providern privilegiert wurde. Hatte Facebook 2014 noch 1,2 Millionen Nutzer in Myanmar sind es inzwischen 18 Millionen, schreibt Reuters. Sogar die Regierung benutzt Facebook für offizielle Statements. (mho)