Post aus Japan: Flugtaxis im Anflug

Ein Gremium aus Akademikern, Beamten, Startup-Gründern und Großkonzernen soll in Japan Flugautos zum Durchbruch verhelfen.

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Post aus Japan: Nippon hebt ab

(Bild: Cartivator / Toyota)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Kotaro Chiba sticht oft aus der Masse heraus. Der Startup-Investor kleidet sich gerne in traditionelle japanische Tracht, einem Kimono für Männer. Selbst als erster Redner der Privatwirtschaft auf dem amtlichen Rat für die Mobilitätsrevolution zu Luft weicht er nicht von seiner Mode ab, obwohl auch ausländische Unternehmen vertreten sind, allen Voran die Mitfahr-App Uber. Und irgendwie passt die Kleiderwahl zu seinem Thema.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Es geht Chiba darum, Japan wieder groß zu machen, dieses Mal im Bereich von Flugautos und -taxis. "Das Ziel ist, Tokio zum größten Zentrum von Drohnen zu machen", sagt er, seien es kleine Paketdrohnen oder große Flugautos. Und er weiß sich an diesem Tag Ende August nicht allein. Die Regierung will mit einer konzertierten Aktion der Privatwirtschaft helfen, nach den Straßen nun auch die Lüfte zu erobern.

Bis Ende des Jahres ist geplant, dass der Ausschuss aus Beamten, Professoren, Startup-Gründern und etablierten Firmen sozusagen einen Flugplan für den Start von Flugautos erstellt. Denn die Wirtschaftsplaner vermuten einen riesigen Markt im erdnahen Luftraum. Nicht nur sollen Flugtaxis im Betrieb günstiger sein als herkömmliche Taxis, falls sie auf den Piloten verzichten. Zweitens können Drohnen die Reisezeiten in den verstopften Innenstädten reduzieren, wenn man sich die Kurzflüge leisten kann.

Ganz oben auf die Tagesordnung setzen sie den Entwurf von Regeln für die neuen Fluggeräte, die weder als Flugzeuge noch als Helikopter reguliert werden. Für den Investor Chiba wäre eine frühe Regulierung des möglichen Marktes ein extrem wichtiger Schritt, um das größte Problem der Branche zu lösen. Während Startups anderswo mit Risikokapital überschwemmt werden, fehlt in Japan das Geld, meint Chiba. Er hat zwar im August einen Investmentfonds von 50 Millionen US-Dollar aufgelegt. Aber selbst das sei viel zu wenig für die Entwicklung der Luftmobilität, meint er. Aber wenn Japan Regeln habe, werde das Geld folgen.

Eile tut allerdings not. Denn der Pionier von Flugdrohnen droht mal wieder in einem Bereich den Anschluss zu verlieren, den er selbst mitentwickelt hat. Seit Jahrzehnten besprüht ein kleiner, ferngesteuerter Transporthubschrauber von Yamaha weltweit Anbauflächen mit Pflanzengiften. Doch die Drohnenindustrie wird im Endverbrauchermarkt von nichtjapanischen Unternehmen wie dem chinesischen DJI dominiert. Uber könnte nun das gleiche im abgehobenen Personentransport wiederholen.

Fünf Jahre habe man, um aufzuholen, meint ein anwesender Startup-Manager. Denn in fünf Jahren will Uber den kommerziellen Dienst seiner Lufttaxis starten. Zuerst stehen beim kalifornischen Startup Los Angeles und Dallas auf dem Programm. Doch Japan konkurriert auf Ubers interner Liste neben Australien, Brasilien, Frankreich und Indien um Startplatz Nummer 3.

Doch es könnte gelingen, ist Hiroji Fukui, der Gründer des Startups Temma, überzeugt. Er will einen acht- bis zehnsitzigen Bus fliegen lassen. Und es gibt andere Firmen mit hochfliegenden Ambitionen: das ehrenamtliche Projekt Cartivator beispielsweise, dass von Toyota und Toyota-Ingenieuren unterstützt wird.

Doch Japan hat nicht nur Tüftler und Ambition, sondern auch andere Startvorteile, meint Fukui. Ganz oben auf seiner Liste stehen die Materialhersteller die mit innovativen Lösungen aufwarten. Mehrere Firmen und Universitäten konkurrieren darum, leichte Polymere auch für kritische Bauteile im Auto einzusetzen. Außerdem seien in Japan die Autohersteller stark. Und genau deren Produktionsknowhow bei elektrifizierten Antrieben kann den Entwicklern fliegender Autos mehr helfen als die Erfahrungen der Flugzeughersteller, meint Fukui. Mit Japan muss daher weiter gerechnet werden im möglichen Boommarkt der Flugautos.

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