Pendel-Rad für Pendler

Das Kwiggle ist auch für routinierte Radler eine ganz neue Erfahrung.

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Pendel-Rad für Pendler

(Bild: Kwiggle Bike GmbH)

Lesezeit: 3 Min.

Abgesehen von seiner eigenwilligen Sattelaufhängung sieht das Kwiggle-Bike aus wie ein normales Fahrrad. Doch die ersten Meter zeigen: Oha, ich bin in einer ganz anderen Sportart gelandet. Der Sattel pendelt bei jeder Pedalumdrehung nach links und rechts, es fühlt sich an, als würde ich einen Rahmen aus gekochten Spaghetti fahren.

Aber das ist alles Kopfsache. "Man muss den Sattel lediglich als Unterstützung beim stehenden Fahren betrachten", sagt Erfinder Karsten Bettin, Ingenieur aus Hannover. Und tatsächlich: Konzentriere ich mich mehr auf meine Füße als auf meinen Hintern, geht's – und macht irgendwann sogar Spaß. Dabei offenbart die Konstruktion ihre verborgene Logik: Um die Pendelbewegungen des Körpers beim stehenden Fahren auszugleichen, muss der Sattel mitschwingen.

Doch welche Vorteile soll das bringen? Zunächst einmal ermöglicht der Verzicht auf ein Sattelrohr in Kombination mit 12-Zoll-Rädern ein unerreicht kleines Packmaß von 55 Litern. "Das Kwiggle ist das einzige Faltrad, das beim Fliegen ins Handgepäck passt", sagt Bettin. Und mit etwa 9,5 Kilogramm ist es auch konkurrenzlos leicht.

Das Falten funktioniert problemlos: Hauptrohr, Sattelrohr und Lenkstange einklappen, das ganze Paket mit einer Lasche fixieren, und es lässt sich am Lenker auf kleinen Rädern hinter sich herziehen wie ein Rollkoffer. Das Ganze dauert etwa 15 Sekunden. Fahre ich zusätzlich noch die Lenkstange ein, wird das Paket so klein, dass es in einem Koffer verschwindet, unter einem Stuhl oder in einem Schließfach.

Nach ein paar schlingernden Runden habe ich mich mit dem Gerät angefreundet. Bettin, nach eigener Auskunft ein eher durchschnittlich trainierter Radfahrer, ist mit dem Kwiggle schon einmal in 16 Stunden 300 Kilometer rund ums Ijsselmeer gefahren. Den GPS-Track der Tour hat er auf die Kwiggle-Webseite gestellt.

Durch die aufrechte Position, argumentiert er, sei die Kraftübertragung effizienter, und die Belastung verteilt sich besser auf den gesamten Körper, neuralgische Punkte wie Handgelenke oder Gesäß werden geschont. "Jetzt benutze ich fast nur noch dieses Fahrrad", sagt Bettin. Nur für hügeliges Gelände sei das Kwiggle eher nichts, gibt er zu.

Um dieses Bike zu bauen, brauchte Bettin zahlreiche Sonderlösungen. So besteht das Steuerrohr, welches die gesamte Belastung des pendelnden Sattels aufnehmen muss, aus nahtlos gezogenem Austenit-Stahl. Weil er in Europa keinen Produzenten fand, wird das Teil in China hergestellt. Spezialanfertigungen sind auch die drei winzigen Ritzel mit sieben bis neun Zähnen nebst Schaltwerk, das mangels Platz an den Zwölf-Zoll-Rädern nicht wie gewohnt nach innen schwenkt, sondern sich parallel zur Hinterachse verschiebt.

Ende 2018 soll das Kwiggle für 1450 Euro auf den Markt kommen. Das klingt nach einem mutigen Preis für ein so eigenwilliges Gefährt, ist angesichts des Entwicklungsaufwands aber erstaunlich moderat. Für ein "Birdy"-Faltrad der Darmstädter Edelschmiede Riese & Müller muss man selbst in der Grundausstattung noch ein paar Hunderter drauflegen.

Produkt: Kwiggle
Anbieter: Kwiggle Bike GmbH
Preis: 1450 Euro

(grh)