Gimp 2.10: Fotobearbeitung mit moderner Grafikbibliothek

Die Entwickler haben Gimp mit Version 2.10 einen komplett neuen Unterbau verpasst: Der verspricht Fotobearbeitung auf zeitgemäßem Niveau.

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Gimp 2.10: Fotobearbeitung mit moderner Grafikbibliothek
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Inhaltsverzeichnis

Das Upgrade war nach sechs Jahren überfällig: Denn während nahezu jede andere Bildbearbeitung längst mit 16 oder 32 Bit umgehen kann, rechnete Gimp 2.8 noch mit acht Bit pro Farbkanal. Mit Version 2.10, im April freigegeben, haben die Entwickler Gimp auf die Grafikbibliothek GEGL aufgesetzt. Neben Berechnung in hoher Farbtiefe bis 32 Bit bringt Version 2.10 noch ein paar andere Vorzüge mit.

Mit der hohen Farbtiefe kommt Unterstützung für HDR-Formate wie OpenEXR und RGBE. Raw-Fotos öffnet auch Gimp 2.10 nicht; man kann aber Bilder aus freien Raw-Entwicklern an Gimp senden: Dafür stehen etwa RawTherapee und DarkTable zum Download zur Verfügung.

Die Oberfläche des Bildbearbeiters fror im Test beim Öffnen großer Dokumente kurz ein, das Programm blieb aber stabil. Bei allen Umwälzungen ist die Bedienoberfläche weitgehend die alte geblieben; Menüs und Paletten finden sich am gewohnten Ort, sehen aber etwas moderner aus. Voreingestellt sind jetzt der Einzelfenstermodus und eine dunklere Farbgebung. In den Einstellungen kann man zwischen vier Farbschemata wählen. Die monochrom gehaltenen Icons stehen in verschiedenen Größen zur Verfügung, sodass sie auch auf hochauflösenden Monitoren gut aussehen.

Digitalmaler dürften sich über die drehbare Oberfläche freuen. Auf Wunsch arretiert Gimp die Rotation der Pinselspitze dabei, als würde man beim Zeichnen nur das Blatt, nicht aber die Hand drehen.

Gimp 2.10 wirkt etwas moderner als sein Vorgänger.

Beim Öffnen eines Fotos mit einem von sRGB abweichenden ICC-Farbprofil fragt Gimp 2.10, ob man das Profil beibehalten oder es in den Arbeitsfarbraum umwandeln möchte. Diesen nimmt das Programm für RGB, CMYK und Graustufen in Form eines ICC-Profils entgegen. Im Bildmenü kann man von 8 Bit Farbtiefe pro Kanal auf 16 oder 32 Bit umschalten, wobei Gimp auf Wunsch ganzzahlig oder mit Gleitkommazahlen rechnet. Erst diese beiden Neuerungen erlauben Fotokorrekturen ohne Farbabrisse. Bei all dem arbeitet Gimp erfreulich schnell, kommt aber an die GPU-beschleunigte Ansicht von Photoshop oder Affinity Photo nicht heran.

Unter dem Menüpunkt Bild/Genauigkeit schaltet man die Farbtiefe pro Kanal auf 8, 16 oder 32 Bit um - Gimp rechnet ganzzahlig oder mit Gleitkommazahlen.

Mit der neuen Funktion Schatten/Glanzlichter lassen sich erstmals in Gimp gezielt abgesoffene Schatten aufhellen und zu hell geratene Lichter abdunkeln. Die Funktion arbeitet sehr präzise und ermöglicht feine Korrekturen. Der Dialog für Belichtung geht deutlich gröber zu Werke – hier ist Vorsicht geboten: Bereits leichte Bewegungen ändern die Helligkeitswerte brachial. Dem Farbtemperatur-Dialog stünde eine Grauwertpipette zum Weißabgleich gut zu Gesicht, die sich allerdings wie zuvor in der Tonwertkorrektur ("Levels") befindet.

Eine kleine, aber bedeutende Neuerung ist die Filter-Vorschau im Dokumentenfenster. Die kleine Checkbox "Ansicht teilen" in den Effektfiltern zieht eine Linie durch die Bildmitte, woraufhin sich links zügig eine Filter-Vorschau zeigt, während rechts zum Vergleich das Original erhalten bleibt. Masken wendet Gimp nun auch auf Ebenengruppen an – ebenfalls eine praktische Kleinigkeit.

Die neue Grafikbibliothek in Gimp 2.10 zeigt die Vorschau von Filtern auf der Arbeitsoberfläche.

Das "vereinheitlichte Transformationswerkzeug" fasst die Einzelwerkzeuge zum Drehen, Skalieren, Scheren sowie freien Verzerren zusammen und ermöglicht damit die Korrektur von Perspektive und Ausrichtung in einem Schritt. Die Einzelwerkzeuge blieben erhalten.

Das kostenlose Gimp 2.10 sieht nicht nur schick und modern aus, sondern rechnet im neuen 32-Bit-Gleitkommamodus in deutlich höherer Genauigkeit. Auch wenn längst nicht alle Fotokorrekturdialoge das Niveau eines Raw-Entwicklers erreichen, sind die Fortschritte bei der Bildverarbeitung gegenüber dem Vorgänger doch immens – einen guten Anfang macht etwa der Schatten/Lichter-Dialog.

Gimp 2.10
Bildbearbeitung
Hersteller The Gimp Team
Systemanforderungen Windows ab XP, macOS, Linux
Preis kostenlos

(akr)