Partnerwahl beim Online-Dating

Partner-Suche im Internet eröffnet ungekannte Möglichkeiten für die Analyse von Daten. Mit einfachen Tricks kann man die Chance auf Kontakt zu attraktiveren Kandidaten erhöhen.

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Die Wissenschaft des Online-Dating

(Bild: "Communicating from the Gutter" / Michael Coghlan / cc-by-sa-2.0)

Lesezeit: 6 Min.
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  • TR Online
Inhaltsverzeichnis

Eine interessante Beobachtung bei menschlichen Partnerschaften ist, dass die meisten Paare hinsichtlich Alter, Bildungsstand, Einstellungen und sogar körperlicher Attraktivität übereinstimmen. Soziologen und Evolutionsbiologen streiten seit langem über die Gründe dafür, wobei es zwei Theorien gibt.

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Eine ist die Matching-Hypothese: Irgendwie wissen Menschen, wie begehrt sie sind, und wählen einen Partner auf demselben Niveau. Dem gegenüber steht die Konkurrenz-Hypothese, die davon ausgeht, dass jeder unabhängig von der eigenen Attraktivität einen möglichst attraktiven Partner sucht. Das Ergebnis ist, dass sich Paare aus den attraktivsten Personen bilden, dann aus den zweitattraktivsten, und so weiter.

Die beiden Hypothesen gehen von völlig unterschiedlichen Verhaltensweisen aus, führen aber zu ähnlichen Ergebnissen. Um zu überprüfen, welche zutrifft, muss man also das Partnersuch-Verhalten im Detail untersuchen. Im erforderlichen Umfang war das lange Zeit nicht möglich.

Mit einer neuen Arbeit von Elizabeth Bruch und Mark Newman an der University of Michigan hat sich das jetzt geändert. Um das Theorien-Patt aufzulösen, haben die Forscher Daten von einer beliebten Online-Datingseite analysiert. Wie sie berichten, entsteht durch Konkurrenz um Partner eine klare Hierarchie der Attraktivität; und sowohl Männer als auch Frauen suchen konsistent Partner, die attraktiver sind als sie selbst.

Die Attraktivität maßen Bruch und Newman auf die folgende Weise möglichst objektiv: Die beliebtesten Kandidaten sind nach ihrer Auffassung diejenigen, die auf Dating-Seiten das meiste Interesse auf sich ziehen, was sich an der Zahl der erhaltenen Nachrichten erkennen lässt. Nach dieser Methode war die beliebteste Einzelperson in der Studie eine 30 Jahre alte Frau in New York, die im untersuchten Monat 1504 Nachrichten erhielt. „Das entspricht einer Nachricht alle 30 Minuten, Tag und Nacht, den gesamten Monat über“, heißt es im Bericht der Forscher.

Jedoch geht es bei Attraktivität nicht nur um die Zahl der eintreffenden Nachrichten, sondern auch um die Frage, von wem sie kommen. „Wenn man von Personen kontaktiert wird, die attraktiv sind, dann ist man wahrscheinlich auch selbst attraktiver“, erklären Bruch und Newman.

Falls Ihnen dieser Ansatz vertraut vorkommt, könnte das daran liegen, dass er auf dem berühmten PageRank-Algorithmus von Google basiert. Der wurde bereits genutzt, um von Webseiten bis zu Nobelpreis-Gewinnern so ziemlich alles in eine Rangfolge zu bringen.

Im Kontext der aktuellen Studie bietet der Algorithmus eine objektive, netzwerkbasierte Methode, um Männer und Frauen nach ihrer Attraktivität einzuordnen. Anschließend ist es ganz einfach, die Matching- und die Konkurrenz-Hypothese zu testen, indem man beobachtet, ob Partner mit einem ähnlichen Attraktivitätsniveau gesucht werden oder nicht.

Die Ergebnisse sind interessant. „Sowohl Männer als auch Frauen suchen Partner, die im Durchschnitt 25 Prozent attraktiver sind als sie selbst“, schreiben die Forscher. „Nachrichten an potenzielle Partner, die attraktiver sind als man selbst, sind nicht nur gelegentliche Akte von Wunschdenken, sondern der Normalfall.“

Allerdings hat dieser Ansatz seine Schwächen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, eine Antwort zu bekommen, nimmt mit zunehmender Differenz bei der Attraktivität drastisch ab. Nun könnte man schlussfolgern, dass Personen, die attraktivere Partner kontaktieren, dies häufiger tun, um ihre Chancen auf eine Antwort insgesamt zu steigern. In der Praxis aber sieht es anders aus: „Tatsächlich geschieht das Gegenteil: Die Zahl der Erstkontakte, die eine Person herstellt, nimmt mit wachsender Diskrepanz rapide ab. Die größte Zahl von Nachrichten wird von Personen verschickt, die sich für die am wenigsten attraktiven Partner interessieren“, so die Studie.

Also gibt es offensichtlich unterschiedliche Strategien für die Kontaktaufnahme zu möglichen Partnern mit hoher oder wenig ausgeprägter Attraktivität. Tatsächlich stellten die Forscher fest, dass bei attraktiveren Partnern mehr Zeit für längere und persönlichere Nachrichten aufgewandt wird – nach dem Prinzip Qualität statt Quantität.

Mit Hilfe von Sentiment-Analysen haben die Forscher auch den Inhalt der Nachrichten untersucht. Bemerkenswert: Frauen neigen dazu, in Nachrichten an attraktive Männer mehr positive Worte zu verwenden, Männer dagegen nutzen weniger davon. Dies könnte die Folge von Lernen aus Erfahrung sein. „Männer verzeichnen etwas geringere Antwort-Quoten, wenn sie positiver formulierte Nachrichten schreiben“, berichten Bruch und Newman.

Welche Strategien gut funktionieren, ist keineswegs klar: „Die Variationen beim Pay-off für unterschiedliche Strategien sind recht gering. Dies spricht, wenn alle anderen Faktoren gleich sind, dafür, dass der Aufwand für das Verfassen längerer und positiverer Nachrichten verschwendet sein könnte“.

Bezüglich der Matching- und Konkurrenz-Hypothese sprechen die Ergebnisse dafür, dass beides eine Rolle spielt. „Die Personen sind sich ihrer eigenen Position in der Hierarchie bewusst und passen ihr Verhalten entsprechend an, konkurrieren aber gleichzeitig in geringem Umfang um attraktivere Partner“, schreiben die Forscher.

Zugleich lassen die Ergebnisse eine offensichtliche Strategie erkennen, um einen Partner zu finden, der außerhalb der eigenen Liga spielt. Laut Bruch und Newman ist die Chance, eine Antwort von einem hochgradig attraktiven möglichen Partner zu bekommen, gering, aber nicht Null. Die beste Strategie könnte also darin bestehen, mehr Nachrichten an sehr attraktive Kandidaten zu versenden und bereit zu sein, länger auf eine Antwort zu warten. „Zwei- bis dreimal so viele Nachrichten zu verschicken, um ein Date zu bekommen, scheint eine recht moderate Investition zu sein“, halten Bruch und Newman fest.

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