Wikileaks: Assange gibt Chefredaktion an Hrafnsson ab

Julian Assange gibt seinen Posten als Chefredakteur von Wikileaks an den ehemaligen Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson ab – wohl nicht ganz freiwillig.

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Julian Assange

Julian Assange

(Bild: Cancillería del Ecuador CC BY SA 2.0)

Lesezeit: 3 Min.

Der Wikileaks-Gründer Julian Assange hat den isländischen Enthüllungsjournalist und ehemaligen Sprecher von Wikileaks, Kristinn Hrafnsson, zum Chefredakteur ernannt. Das geht aus einem Tweet von Wikileaks von Mittwoch hervor. Assange, der den Posten seit 2005 selbst bekleidete, soll demnach Herausgeber von Wikileaks bleiben.

Die Umstände für den Wechsel sind allerdings unklar. Assange ist seit etwa sechs Monaten in der ecuadorianischen Botschaft in London weitgehend von der Kommunikation nach außen abgeschnitten. Die hatte ihm die Botschaft entzogen, nachdem er gegen Kommunikationsauflagen verstoßen hatte. Kontakt nach außen unterhält Assange lediglich über seine Anwälte, heißt es in dem Tweet.

Entsprechend scheint es ein logischer Schritt zu sein, das Tagesgeschäft von Wikileaks nun von einem neuen Chefredakteur führen zu lassen, der frei kommunizieren und Entscheidungen treffen kann. "Ich verurteile die Behandlung von Julian Assange, die zu meiner neuen Rolle geführt hat, aber ich begrüße die Verantwortung, um die Fortsetzung der Arbeit auf Grundlage der Ideale von Wikileaks zu sichern", sagte Kristinn Hrafnsson.

Kristin Hrafnsson war bis Anfang 2017 Sprecher von Wikileaks und galt als zweiter Mann der Whistleblower-Plattform. Hrafnsson hatte den Posten als Sprecher dann aus persönlichen Gründen aufgegeben, war aber seitdem weiterhin für Wikileaks tätig.

Assange sitzt seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London, in die er wegen Vergewaltigungsvorwürfen und Angst vor Auslieferung an Schweden geflohen war. Der Haftbefehl gegen ihn wegen Vergewaltigung wurde zwar 2017 aufgehoben, Assange verblieb jedoch weiterhin in der Botschaft, weil er durch die Flucht in die Botschaft gegen britische Gesetze verstoßen hatte und eine Inhaftierung befürchtete. Zusätzlich fürchtete er eine Auslieferung an die USA wegen Beihilfe zur Spionage, die ihm im Zusammenhang mit den Wikileaks-Veröffentlichungen rund um Chelsea Manning vorgeworfen wurde. Die ecuadorianische Botschaft gewährte Assange politisches Asyl und bürgerte ihn im Dezember 2017 ein.

Im März 2018 kappte die Botschaft jedoch Assange die Internetverbindung, da er sich kritisch zur Inhaftierung des ehemaligen Regierungschefs Kataloniens, Carles Puigdemont, durch die deutsche Bundespolizei geäußert hatte. Assange soll damit gegen eine Vereinbarung verstoßen haben, sich mit öffentlichen Kommentaren nicht in Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Die ecuadorianische Botschaft steht seitdem mit britischen Behörden in Kontakt, wie das Asyl beendet werden könnte. Seit August 2018 steht ein Angebot des US-Senats im Raum, Assange in der Sache zur russischen Wahlbeeinflussung der US-Präsidentschaftswahl 2016 anzuhören. (olb)