Siris Gesicht

Susan Bennett war die Stimme von Apples Sprachassistenten Siri – und ist in den USA ein Star.

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Siris Gesicht

Bennett bei einem Auftritt.

(Bild: Screenshot YouTube)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Joseph Scheppach

Bennett arbeitet seit 1974 als Sprecherin für Werbung, Telefonwarteschleifen, Navis und Flughafen-Ansagen von Delta Airlines. Die 68-Jährige lebt heute in Atlanta.

TR: Miss Bennett, was ist das Besondere an Ihrer Stimme?

Bennett: Mein Agent Marcus Graham sagt, ich hätte eine unglaublich reichhaltige und zugleich klare Stimme. Zudem spreche ich akzentfreies amerikanisches Englisch. Eine seltene Kombination.

Wie kam es zu jenen Sprachaufnahmen, aus denen Software-Entwickler später dann Siri gestaltet haben?

Ich arbeite seit Jahrzehnten für die Sprachaufnahmen-Firma ScanSoft, die heute Nuance Communications heißt. 2005 wurde ich für Studioaufnahmen in Atlanta gebucht.

Worin bestand Ihre Aufgabe?

Den ganzen Juli, fünf Tage die Woche, täglich vier Stunden lang, musste ich Texte und Wörter lesen, die möglichst alle Klangkombinationen der englischen Sprache abdecken sollten; zum Beispiel "shreding, shroding, shriding". So ergaben die Texte in den seltensten Fällen irgendeinen Sinn für mich. Die Arbeit war nervtötend.

Die Sprachfetzen dienen dazu, möglichst alle Phoneme, kleinste Einheiten eines Lautsystems, abzudecken. So kann die synthetische Stimme später Beliebiges sagen – und es klingt wie ein Mensch. War Ihnen klar, dass aus Ihren Sprachbausteinen die Stimme von Siri geformt werden soll?

Nein, ich dachte, es handle sich um Aufnahmen für Telefonansagen. Apple kaufte die Aufnahmen später, um sie für Siri zu verwenden.

Wann haben Sie entdeckt, dass Sie die Originalstimme von Siri sind?

Ich hatte noch kein iPhone, als am 4. Oktober 2011 das Modell 4s präsentiert wurde. Wenige Tage später rief mich ein Freund an. Er hatte gerade den Sprachassistenten ausprobiert – und dabei meine Stimme erkannt.

Wie haben Sie reagiert?

Mir blieb der Mund offen stehen. Sofort klickte ich den Apple-Videoclip an, in dem die iPhone-Neuheit präsentiert wurde. Mir war sofort klar: Siri ist meine Stimme!

Wo ist der Beleg dafür? Apple äußert sich nicht.

Der Nachrichtensender CNN hat ein audioforensisches Gutachten in Auftrag gegeben. Es liefert den Beweis.

Was empfanden Sie, als Sie Ihre Stimme auf einem iPhone hörten?

Mit einer Maschine zu sprechen und seine eigene Stimme zu hören – das fühlte sich sehr bizarr an, fast gruselig.

Siri wurde schnell berühmt. Der virtuelle Assistent wurde zu einer Art Markenzeichen. Wie erklären Sie den Erfolg?

Ich denke, es hat unter anderem damit zu tun, dass Siri Humor hat – und irgendwie auch Charakter.

Warum haben Sprachassistenten eigentlich weibliche Stimmen?

Die meisten Menschen finden computergenerierte Stimmen angenehmer und wärmer, wenn sie weiblich sind. Das haben Studien bestätigt.

Mit dem Betriebssystem iOS 7 hat Apple weltweit Siri verändert und Ihre Stimme ausgemustert. Hat die Firma sich geärgert, weil Sie sich geoutet haben?

Ich habe nie eine Geheimhaltungserklärung unterschrieben. Ich betrachte es als mein gutes Recht, mich erkennen zu geben.

Nach dem Outing wurden Sie zum Star.

Auf Twitter explodierte die Zahl meiner Follower – fast eine Million. Ich werde in Fernseh- und Radioshows eingeladen. Auch habe ich mit meinem Mann Rick, einem Gitarristen, eine Band namens Siri Sings gegründet. Dort singe ich ähnlich unsinnige Wörter wie in den Aufnahmen für Siri.

(bsc)